IN SIMBABWE REGIERT EINE STRITTIGE FUSSBALLFUNKTIONÄRIN: Die Strohfrau der Fifa
MARTIN KRAUSS
Die Geschäfte im simbabwischen Fußball führt Henrietta Rushwaya. Die Frau hat Gegner. „Simbabwes Fußballchefin hat Fifa-Equipment gestohlen“, titelte die Zeitung ZimDaily. Der Weltfußballverband habe der Zifa, wie sich der simbabwische Fußballverband abkürzt, neulich 200 Fußbälle, etliche Schienbeinschützer, Trikots, Strümpfe und Schuhe gespendet. Frau Rushwaya aber habe die Sachen nicht an die Premier Soccer League (PSL) des Landes weitergeleitet, sondern einfach behauptet, in ihrem Haus habe es gebrannt, und all die schönen Bälle und Leibchen seien zerstört.
Dieser Vorwurf kann – einerseits – eine Kampagne sein, die nicht zuletzt damit etwas zu tun hat, dass Henrietta Rushwaya eine der seltenen Frauen in der Männerwelt Fußball ist. Seit Bianca Illgner, Elena Ceausescu und Margit Mayer-Vorfelder gab es ja da nicht mehr viele. Eine ganz klassisch sexistische Attacke musste Rushwaya erst vor zwei Jahren abwehren, als ihr eine Affäre mit dem besten simbabwischen Spieler, Benjani Mwaruwaru, angehängt werden sollte.
Andererseits sollte man Frau Rushwaya vielleicht doch nicht so ganz kritiklos und zur Solidarität bereit begegnen. Im Jahr 2007 wurde sie aus ihrem Büro heraus verhaftet: Sie habe Geld, das für eine Fortbildung gedacht war, einfach selbst eingestrichen. Das Verfahren gegen sie, die Mitglied der Staatspartei Zanu-PF von Präsident Robert Mugabe ist, schleppt sich seither hin.
Sex und Haft sorgten in Simbabwe noch für große Aufregung. Aber der jüngste Vorwurf, sie habe gestohlen, hat interessanterweise keine nennenswerten Anfeindungen zur Folge. Die Liga, die PSL, ist zwar empört, aber in ihr tobt gerade ein Machtkampf; und dass die PSL Frau Rushwaya nicht leiden kann, ist ohnehin bekannt. Auch innerhalb der Zifa gibt es Streit, was eventuelle Attacken gegen die Geschäftsführerin erschwert. Und der Weltfußballverband, die Fifa, hält sich so bedeckt, als ob es ihn gar nicht interessierte, was aus seinen edlen Spenden so wird; dabei gebärdet sich die Fifa doch so gerne als Förderer des afrikanischen Fußballs.
Das könnte erklären, warum sich eine so umstrittene Frau wie Henrietta Rushwaya immer noch auf ihrem Posten hält: Sie ist zwar Zanu-PF-Mitglied, aber weil sie dort kein weiteres Amt innehat, repräsentiert Rushwaya etwas, das der Fifa um Welten wichtiger ist als die 90-Minuten-Dauer eines Fußballspiels: Staatsferne.
Für das Wort gibt es auch eine Übersetzung, sie lautet: Fifa-Nähe. Um den Weltfußballverband, dessen Robert Mugabe Sepp Blatter heißt, zufriedenzustellen, nutzt Rushwaya seit Jahren geschickt die Streitereien, die es zwischen der Liga, dem Verband und dem Staat gibt. Mal schlichtet sie den Krach um die fehlende Lizenz eines Spitzentrainers, mal interveniert sie in dem Streit um Spieltermine, ein anderes Mal wehrt sie finanzielle Ansprüche eines früheren Nationaltrainers ab.
Henrietta Rushwaya sorgt also dafür, dass der Staat, die Diktatur des Robert Mugabe, nicht eingreifen braucht. Die Welt des simbabwischen Fußballs reguliert sich fast von alleine – dank Frau Rushwaya. Durch diese Staatsferne hält sie den Fußball aber auch fern von den demokratischen Kräften in Simbabwe, die Mugabe stürzen und das Land demokratisieren wollen. All das ist im Sinne der Fifa, die sich selbst als eine Weltmacht versteht, die weit über zwergenhaften Nationalstaaten stehe.
Robert Mugabe aber würde die Fifa gern in die Knie zwingen. Erst vor wenigen Monaten schlug er vor, dass Südamerika und Afrika gemeinsam ein riesiges Turnier ausrichten sollen, ausgetragen im Stile einer WM unter den Augen von solch bizarren Herren wie Muammar al-Gaddafi, Hugo Chávez und ihm selbst, Robert Mugabe. Konkurrenz aber mag die Fifa gar nicht. Dann müsste Henrietta Rushwaya vielleicht sogar die Bälle und Leibchen rausrücken, die sie angeblich gestohlen hat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen