: Der Tunnel, der mehr trennt als verbindet
PROJEKT Kinder aus Prenzlauer Berg und Wedding machen einen Film – jetzt kommt er ins Kino
„Wenn deutsche Kinder kommen, wird es auf jeden Fall ruhiger“, lautet das Urteil der zwölfjährigen Meltem vor der Kamera. Und der neunjährige Max meint: „Die Türken sind ja ein bisschen ärmer, das ist jedenfalls mein Verdacht.“ Im vergangenen Jahr haben Meltem und Max bei einem Experiment mitgemacht. Zusammen mit 17 weiteren Kindern produzierten sie acht Kurzfilmporträts über Menschen aus ihrem Umfeld, die unter dem Titel „Am Gleimtunnel – hier und drüben“ ab 18. März im Lichtblick-Kino in Prenzlauer Berg zu sehen sind.
Während der Dreharbeiten im März 2009 wohnen Meltem und Max in den beiden Stadtteilen Gesundbrunnen und Prenzlauer Berg. Dort gehen sie auf zwei verschiedene Grundschulen: die eine staatlich, mit 95-prozentigem Migrationshintergrund; die andere privat und größtenteils von Deutschen besucht. Zwischen den Stadtteilen verläuft der Gleimtunnel, der auch 20 Jahre nach dem Mauerfall zwei Kulturen eher voneinander trennt, als dass er sie verbindet.
Wahrscheinlich wären sich Max und Meltem nie begegnet, wäre nicht Regisseur und Filmemacher Torsten Löhn vor einiger Zeit nach Prenzlauer Berg gezogen. Ihm fiel auf, dass „kaum Fluktuation zwischen den Stadtteilen stattfindet, jeder bleibt in seinem Kiez“. So kam ihm die Idee, den Austausch zwischen den beiden Milieus zu fördern.
Porträts von Berlinern
Im Oktober 2008 begegnen sich die Kinder in gemeinsamen Workshops zum ersten Mal, lernen den Umgang mit Kamera- und Dokumentartechniken und entwickeln anschließend in gemischten Teams kurze Porträts von Menschen wie Zelihan Kirbas, einer geschiedenen kurdischen Fabrikarbeiterin, oder Roger Heinrich, einem Schlagzeuger aus Pankow. Die kindliche Perspektive bleibt dabei erhalten. In Interview-Szenen sprechen die Kinder unbeschwert über Vorurteile und Erfahrungen mit den jeweils „anderen“, entdecken Gemeinsamkeiten und noch mehr Unterschiede.
Bereits im Juli vergangenen Jahres feierte das Filmprojekt in den beiden Grundschulen Premiere. Löhn hoffte schon damals, den Film ins Kino bringen zu können (die taz berichtete). Inzwischen lief der Film außerhalb des Wettbewerbs auf dem Leipziger Dokumentarfilmfestival. „Das Problem bei kleinen Filmen ist, dass die Leute überhaupt nur sehr schwer davon erfahren“, sagt Regisseur Löhn. Deshalb hat er sich vorgenommen, ein 20 Meter langes Filmbanner am Gleimtunnel aufzuhängen, um im Kiez Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Verleiher gesucht
Löhn bemühte sich, einen Verleiher zu finden. Durch die Bekanntschaft mit Thorsten Frehse schaffte er es, den Film ins Kino zu bringen. Frehse ist Mitbetreiber des Lichtblick-Kinos. Er befand: Der Film ist „gerade in Berlin ein richtiges Thema“ und entschloss sich für die Aufnahme ins Programm.
Löhn möchte nun möglichst viele Schulklassen für sein Projekt gewinnen. Der Film funktioniere gut für Kinder und könne Inspiration sein, „dass jenseits von Kiezgrenzen auch was los ist“. Alexandra Gdanietz
■ Filmstart „Am Gleimtunnel – hier und drüben“: Donnerstag, 18. 3., 18 Uhr, Lichtblick-Kino, Kastanienallee 77, vorläufig bis zum 31. März, jeden Tag außer freitags, bei Erfolg länger. Am Samstag, den 20. März, und Sonntag, den 21. März, wird Torsten Löhn den Film jeweils um 18.45 Uhr persönlich vorstellen
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