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TARIFVERHANDLUNGEN: GESTUFTE ABSCHLÜSSE WÄREN SINNVOLLMehr Lebenswelt, bitte

Es war auffällig, wie rasch der Hamburger Tarifabschluss zur Arbeitszeit im öffentlichen Dienst aus der Diskussion verschwunden ist. Die Hamburger Einigung zur Arbeitszeit von vergangener Woche, in der nach Lohn und Familienstand differenziert wird, ist auch innerhalb der Gewerkschaft nicht sonderlich beliebt. Dabei wäre ein abgestufter Tarifabschluss mit sozialer Komponente ein sinnvoller Weg nicht nur für andere Kommunen, sondern auch für die Länder, deren Tarifverhandlungen heute in die nächste Runde gehen. Denn ein differenzierter Abschluss mit sozialen Aspekten macht es beiden Seiten leichter, das Gesicht zu wahren. Und darum geht es jetzt, wo sich der Streik in der fünften Woche befindet und die Arbeitgeber darauf setzen, dass das Verständnis für den Arbeitskampf in der öffentlichen Meinung schwindet.

Ein abgestufter Abschluss kann sozial erscheinen, auch wenn die Beschäftigten im Schnitt länger ackern müssen. So sieht die Hamburger Einigung zwar generell längere Arbeitszeiten vor als die bisher geltende 38,5-Stunden-Woche. Jedoch gibt es einen „Kinderbonus“, demzufolge Eltern eine halbe Stunde Arbeitszeit in der Woche geschenkt bekommen. Ältere Beschäftigte in niedrigen Entgeltgruppen mit oft körperlich belastender Arbeit können sich zudem über vergleichsweise kurze Arbeitszeiten freuen.

In Baden-Württemberg, wo die Streiks weitergehen, stoßen solche Abstufungen hingegen auf Ablehnung. So wird argumentiert, dass soziale Elemente wie der Familienstand als Lohnbestandteil doch gerade erst durch die Tarifreform im öffentlichen Dienst abgeschafft worden seien. Aber am Sozialen, so scheint es, führt kein Weg vorbei – gerade jetzt, wenn es auch darum geht, Verschlechterungen möglichst gerecht zu verteilen und die Schwächsten zu verschonen.

Ein sozial abgestufter Abschluss könnte ein Weg sein, der die Lebenswelt der Beschäftigten berücksichtigt. Das wäre für die Gewerkschaften wie für die Arbeitgeber gut. Und für die streikgebeutelte öffentliche Meinung, die solche Komponenten durchaus versteht. BARBARA DRIBBUSCH

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