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ES IST ANGERICHTETWas für ein Schmaus!

liebt den DFB-Pokal und dessen Gesetze

BERND MÜLLENDER

Es sind 27 von 34 Teilen absolviert. Es war ein Spieltag mit vielen Üblichkeiten (Leverkusen und München im Gleichschritt) und Überraschungen (Freiburg lebt noch). Und sonst? Die drei Champions-League-Plätze scheinen vergeben. Ist es erregend, ob Hertha schon Ostern als Absteiger feststeht?

Es ist Zeit für den wahren Fußball. Diese Woche wird wieder Pokal gespielt – mit den Halbfinals Bremen – Augsburg (Di., 20.30 Uhr, ZDF) und Schalke – München (Mi., 20.30 Uhr, ARD). Pokal heißt Schampus oder Selters, alles oder nix. Pokal bedeutet: eigene Gesetze (ohne bekannte Paragrafen), Kuriositäten, Tölpeleien, Dorfplatzambiente in den Erstrunden und Triumphe sonder Zahl mit wunderbar blamierten Platzhirschen.

Dörfer sind es meist, die dem Wettbewerb seinen Ruhm brachten: Vestenbergsgreuth, Weinheim und Bayreuth waren einst Orte der Schmach für den FC Bayern. Köln verlor 1995 bei Viertligist Beckum und Dortmund 1990 bei der SpVgg Fürth, obwohl der Viertligist 88 Minuten zu zehnt spielte. Der HSV darf stolz sein auf die unterirdischste Pokalgeschichte. Stichworte: Eppingen oder Geislingen.

Pokal – das ist auch immer die fiebrig erlebte Auslosungszeremonie. Früher mit dem DFB-Aufsichtsheroen Walter Baresel, der immer so schön falsch MSV Du-issburg sagte und VfL Bochum mit kurzem o. Neulich zog Guido Buchwald im Studio die Frauenlose. Was sagte er? „FCR Du-issburg.“ Herrlich: Eine Stadt hat ihre eigene Pokalbetonung.

Der Pokal, mit dem Drama als Alltäglichkeit, legt die Seele des Fußballs frei. Als unterklassiger Außenseiter ohne realistische Erwartungen zu spielen heißt: Jeder Schuss weit drüber wird als gute Aktion bejubelt. Einem schlimmen Fehlpass wohnt zumindest eine große Idee inne. Im Ligaalltag gegen Gleichwertige hätte das Volk bei exakt den gleichen Szenen gestöhnt.

Pokal ist immer Hier und Jetzt, und die Unsrigen sind immer gut. Verlieren sie gegen einen Großen, setzt es dennoch warmen Applaus. Favoriten wollen nie einen Kleinen unterschätzen. Dann tun sie es doch, und alle fragen sich, wie man das hätte verhindern können. Und die Sieger, für die gern euphorisierte Metzgergesellen die Tore ihres Lebens erzielten, lachen sich schlapp.

Es ist angerichtet. Auf in die taz-Pokalwoche mit täglichen Highlights aus Historie und Gegenwart!

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