portrait: Der am Himalaja Berufene
Das bringt die Arithmetik der UNO durcheinander: Ein Deutscher folgt einem Deutschen auf den Stuhl des obersten Umweltschützers der Vereinten Nationen. Die Vorgängerin von Klaus Töpfer, Elizabeth Dowdeswell, war Kanadierin; diesmal galt es als ausgemacht, dass entweder ein Asiat oder ein Lateinamerikaner den Chefsessel des UN-Umweltprogramms Unep erhalten solle. Entsprechende Kandidaten standen auch bereit: UN-Generalsekretär Kofi Annan hatte etwa Carlos Manuel Rodriguez Echandi, den Umwelt- und Energieminister von Costa Rica, oder den indischen Klimaexperten Rajendra Pachauri benannt. Auch Töpfers Vize Shafqat Kakakhel aus Pakistan galt als aussichtsreicher Kandidat. Aber nein: Es wird nun Achim Steiner. Kofi Annan überreichte ihm gestern in New York seine Ernennungsurkunde.
Vier Gründe dürften den Ausschlag für Steiners Berufung gegeben haben: Erstens wurde er 1961 in Brasilien geboren, weshalb das mit der diplomatischen UN-Arithmetik doch irgendwie vereinbar ist. Zweitens gehört Deutschland zu den größten Beitragszahlern der UNO, in Leitungspositionen sind Deutsche dagegen unterrepräsentiert. Drittens ist für Steiner von Vorteil, dass er nicht auf deutschem Ticket nominiert wurde. Zwar begrüßt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Personalie. „Wir haben ihn aber nicht vorgeschlagen“, sagt der SPD-Politiker. Viertens schließlich – und das dürfte Steiners größtes Pfund sein – gilt er als ausgewiesener Fachmann. Seit 2001 leitet er die Internationale Naturschutz-Union IUCN – eine Art Weltumweltverband. Die bekannteste Arbeit der IUCN sind die Roten Listen, die weltweit bedrohte Arten aufschlüsseln. 76 Staaten gehören der Naturschutz-Union an, 730 NGOs sind Mitglied.
Irgendwann saß Achim Steiner wegen schlechten Wetters auf einem Flughafen im Himalaja fest. Dort traf er einen Naturschützer, der – „fieberhaft“, wie Steiner sagt – an einem Zustandsbericht der Umwelt arbeitete. Dieses Engagement, diese Verbissenheit hat ihn beeindruckt. Seitdem ist der studierte Ökonom, Politologe und Philosoph den Themen Umwelt und Entwicklung verfallen.
Zuerst ging Steiner für die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (gtz) nach Pakistan, danach zu einem Naturschutzprojekt in Südafrika. Oman, Vietnam, Südamerika und Ozeanien folgten, schließlich wurde Steiner Leiter des Internationalen Sekretariats der „Weltkommission für Dämme“. Nun also wird Steiner Stellvertreter von Kofi Annan. Zwar muss die UN-Vollversammlung die Personalie noch bestätigen. Aber das gilt nur als Formalie: Zum ersten April wird der 44-Jährige nach Nairobi umziehen. NICK REIMER
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