Vogelwartin Pia Reufsteck:: Die Unerschrockene
Vogelwarte auf Nordseeinseln sind erstens Männer. Und zweitens Friesen. Das ist ein ehernes Gesetz. Gebrochen hat es Pia Reufsteck: Seit 76 Jahren werden auf der Insel Trischen vor der Meldorfer Bucht Vögel beobachtet. Vor einem Jahr hat die geborene Badenserin den Halbjahres-Job übernommen. Am Wochenende tritt sie ihre zweite Schicht an. Es sei denn, es stürmt.
Um drei Uhr in der Nacht zu Sonntag, eine Stunde nach Hochwasser, setzt sie im Holzboot über. Saisonende ist der 15. Oktober. Die Insel ist Kernzone des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer. Einwohner hat sie nicht. Bis auf die Tiere. Und die Vogelwartin.
„Ich kann nur sagen, dass es mir hier nicht eine Minute langweilig wurde“, hat sie ihr erstes Dienstjahr resümiert. Reufsteck ist 29 Jahre jung. Die Einsamkeit? Sei ja nur relativ. Da ist zum Beispiel Inselversorger Polli Rohwedder. Und der nimmt ab und an auch Besuch mit. „Manche bleiben eine ganze Woche“, sagt Reufsteck.
Sterntaucher, Raubwürger, Gelbspötter, Trottellummen und Steinschmätzer – 163 Vogelarten hat die Diplom-Biologin 2005 im Dienst des NaBu auf der Wanderdüne bestimmt. Jawoll, auch einen Flamingo. Das war aber wohl „ein Gefangenschaftsflüchtling“. Beobachtungen protokolliert sie online auf www.trischen.de
Die Vogelgrippe sei „kein Grund für Panik“, befindet Reufsteck. Es gebe in ganz Europa vereinzelte Funde – die große Epidemie aber sei bisher ausgeblieben. „Gut möglich, dass ich im vergangenen Jahr schon infizierte Tiere hatte“, sagt sie. Dass sie die reine Männergesellschaft der Vogelwarte aufmischt, sei „eher ein Zufall“. Und auch nicht ganz richtig: „Direkt nach dem Krieg gab es schon einmal eine Vogelwartin auf Trischen.“ Die Ehefrau des Amtsträgers nämlich. Die wird nur nirgends erwähnt. bes
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