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BARBARA DRIBBUSCH ÜBER GERÜCHTEBIN ICH IM HÖHEREN ALTER NOCH FLEXIBEL GENUG FÜR EINE ORGANISIERTE GRUPPENTOUR? ICH WAGE ESDie Reise ins Ich

Über das Innenleben der Menschen in späten mittleren Jahren (ich bin jetzt rechnerisch mal genau) wurde ja immer viel geschrieben, gemutmaßt. Zum Beispiel, dass die älteren Menschen heute so neugierig und aufbruchsbereit seien wie nie zuvor. Das ist das eine Gerücht. Das andere sagt, dass Leute um die 50 bereits viel zu individualisiert und viel zu eigen sind, um sich einzufinden in neu gegründete Hausgemeinschaften oder sonstige Interessengruppen.

Im Sommer werde ich daher ein Experiment machen, eine Selbsterfahrung. Und ich weiß schon jetzt: Die karierten Sonnenhütchen werden der Härtetest sein. Denn niemals hätte ich in jüngeren Jahren gedacht, freiwillig in einer Gruppe mitzuwandern, in der sich überproportional viele ältere Menschen finden, die nicht nur unvorteilhafte Shorts, sondern auch diese schmalrandigen schlappen Sonnenhütchen tragen. Darunter auch welche mit kariertem Muster.

Aber egal, diesmal wage ich es. Weder meine Freundinnen noch Christoph haben Lust oder Zeit für eine Wanderreise in die Gletscherregionen der Schweizer Alpen. Doch ich will was Neues. In der Tat: Eine organisierte Gruppenreise war in meiner Jugend für mich das Letzte. Damals, als ich mit Wolf durch Marokko trampte und wir die Neckermänner belächelten, während wir in verwanzten Billigabsteigen übernachteten und die Preise für Wasserpfeifen lässig herunterhandelten. Lange saßen wir mit der ansässigen Bevölkerung beim Tee zusammen und waren dann doch etwas enttäuscht, weil deren Interesse sich vor allem darauf richtete, wie man denn nach Deutschland zum Geldverdienen gelangen könne.

Erst in späteren Jahren näherte ich mich innerlich dem Konzept der organisierten Gruppenreise. Zugegeben, bei der Kletterwoche in den Dolomiten vor einigen Jahren, im gemischtgeschlechtlichen engen Schlaflager auf der Berghütte, war der spaßigste Abend der Vorabend der Abreise gewesen. Sogar eine kleine Kissenschlacht hatten sich der Autoverkäufer aus Sachsen, Anfang 40, und der Sonderschullehrer aus Berlin, Mitte 30, geliefert. Aus lauter Freude darüber, dass es am nächsten Tag vorbei sein würde mit der Enge.

Wer so dicht aufeinanderhockt wie in einer Kaserne, so lernte ich schnell, der muss einige Abstandsregeln beachten. Nur Anfänger beginnen gleich am ersten Abend Gespräche mit Fragen wie „Woher kommt ihr, und was macht ihr so beruflich?“ und bringen die differenzierte politische Meinung oder bereits geleistete Erlebnisreisen zu Gehör. Der Hüttenprofi hingegen faltet sein Ego zusammen auf das kleinste Packmaß und beschränkt sich auf Konversationen über das Wetter und die Hakenabstände in den Wänden.

Themen, die sich mit bürgerlichen Distinktionen und Statusfragen verbinden, spart man lieber aus, schließlich hat es seinen Grund, warum in manchen Klöstern Schweigegelübde gelten.

Auf mich wartet also ein Abenteuer auch spiritueller Natur. Auch wenn Freundin Theresa das anders sieht. „Also wandernde Rentnertruppen, das wäre für mich der Horror“, sagte sie, als ich ihr von meiner Buchung berichtete.

Doch Britt zerstreut zumindest meine semiotischen Bedenken. „Diese schmalrandigen Sonnenhütchen“, berichtet sie, „also die sind doch schon wieder Kult. Selbst die Freunde von Johannes laufen mit den Hütchen rum, das ist bei den Teenies. Auch als Protest gegen die allgegenwärtigen Basecaps.“ Ich bin also subversiv. Alles wird gut. BARBARA DRIBBUSCH

Hinweis: GERÜCHTE Urlaubsgewohnheiten geändert? kolumne@taz.de Morgen: Philipp Mausshardt über KLATSCH

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