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„Bei den Schäden sind wir spitze“

Pannen in NRW-Kanälen häufen sich, sagt Kapitän Albrecht Scheubner. Seine MS Jenny muss über Holland fahren

taz: Herr Scheubner, der Dortmund-Ems-Kanal bleibt noch bis zum 8. April gesperrt. Liegt Ihr Schiff jetzt auf dem Trockenen?

Albrecht Scheubner: Nein, das nicht, aber wir müssen einen Umweg nehmen über Holland. So kommen wir mit Ach und Krach noch ans Ziel. Aber es kostet uns vier Tage.

Wo geht die Reise denn hin?

Über den Mittelandkanal nach Berlin. Wir kommen von Nürnberg, haben eine Ausstellung an Bord und machen eine Tour mit acht Städten über einen Zeitraum von drei Wochen. Die Termine sind aber schon alle geplatzt. Der Kunde war zum Glück damit einverstanden, dass wir mit einer Woche Verspätung fahren. Aber glücklich ist er darüber sicher nicht.

Wie groß ist der Schaden?

Der liegt im Zehntausend-Euro-Bereich.

Sind Ihnen auch schon Aufträge verloren gegangen?

Ich fürchte, dass wir in Zukunft weniger Aufträge bekommen, speziell von Neukunden. Die Verlässlichkeit des Dortmund-Ems-Kanals ist im Moment in keiner Weise gewährleistet. Erst im letzten Herbst war an der gleichen Stelle eine zweimonatige Sperre. Jetzt ist es wieder mindestens ein Monat. Die Kunden verlieren allmählich die Lust.

Ist der Kanal generell sanierungsbedürftig?

Sicher nicht. Das Unglück ist ja beide Male an einer Baustelle passiert. Ich kann aber nicht genau beurteilen, wie es dazu kommen konnte. Vielleicht war die Baufirma ungeeignet. Oder die Überwachung der Baustelle war mangelhaft. Oder es lag an fehlerhafter Planung.

Sie kommen viel herum. Gibt es solche Pannen nur in Nordrhein-Westfalen?

Nein, aber immer häufiger.

Häufiger als in anderen Bundesländern?

Das kann man so nicht sagen. Das Land trifft da keine Schuld, schließlich ist der Bund zuständig für die Überwachung der Wasserstraßen.

Wie ist der Zustand der Wasserstraßen in anderen europäischen Ländern?

Entschieden besser als in Deutschland. Da wurde mehr getan. Hierzulande hat speziell die rot-grüne Bundesregierung immer weniger Geld für die Wasserstraßen bereitgestellt. Das hat man nun davon.

Deutschland ist also Schlusslicht in Europa?

Ja, oder umgekehrt gesagt: Deutschland ist bei den Wasserstraßenschäden an der Spitze.

Müsste mehr investiert werden?

Bestimmt. Zwei Mal hintereinander kann die Schifffahrt so eine Sperrung eigentlich kaum vertragen. Das Bundesverkehrsministerium muss sich darum kümmern, sonst sehe ich schwarz für den Verkehrsträger Binnenschifffahrt. Es ist nicht fünf vor, sondern fünf nach zwölf.

INTERVIEW: DIRK ECKERT

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