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Uma, der Reichsadler

Vom Kino auf die Bühne und wieder zurück auf die Leinwand: Nachdem Mel Brooks’ „The Producers“ zuletzt sehr erfolgreich am Broadway lief, hat Susan Stroman das Nazi-Comedy-Musical neu verfilmt

VON ANDREAS RESCH

Im Jahr 1968 dreht ein junger Mann namens Mel Brooks, der sich schon als Gagschreiber und Komiker einen gewissen Bekanntheitsgrad erarbeitet hat, mit „The Producers“ seinen ersten Kinofilm, der das Publikum aufgrund des schwarzen Humors – vor allem bei der Persiflierung des Nationalsozialismus – begeistert und einen Oscar für das beste Drehbuch gewinnt. Es geht darin um den Broadway-Produzenten Max Bialystock, der gemeinsam mit seinem Finanzberater Leo Bloom einen beinahe genialen Plan schmiedet: Sie wollen von wohlhabenden alten Damen eine Million Dollar für ein Musical zusammenschnorren, dessen Produktionskosten sich auf einen Bruchteil dieser Summe belaufen. Das Stück soll so grottenschlecht sein, dass es ein garantierter Flop wird und den Investorinnen kein Geld zurückgezahlt werden muss.

Tatsächlich stoßen Bialystock und Bloom auf ein Werk des Neonazis Franz Liebkind, das den Titel „Springtime for Hitler – A Gay Romp with Adolf and Eva in Berchdesgarden“ trägt. Natürlich geht letztendlich alles schief, aber der Film funktioniert umso besser, und Gene Wilder zeigt in seiner ersten Filmrolle, dass er die Mimik und Sprechweise von Jerry Lewis nahezu perfekt zu imitieren weiß.

Knapp vierzig Jahre später dreht man in Hollywood gerne Sequels sowie Literatur- und Comicverfilmungen, die sich idealerweise auch noch als Videospiele zweitverwerten lassen. Und da „The Producers“ mittlerweile in einer Bühnenfassung am Broadway große Erfolge feiert, wird der Stoff noch einmal verfilmt – dieses Mal komplett als Musical und in der Regie von Susan Stroman. Das Problem der Neuverfilmung ist, dass sie altbacken wirkt. Andere Regisseure haben in den letzten Jahren ausgelotet, wie sich Gesangseinlagen auf innovative Weise in die Komposition eines Films integrieren lassen – etwa Lars von Trier, dessen „Dancer in the Dark“ ein brutales Spiel mit der Leidensfähigkeit des Publikums trieb. In „The Producers“ swingen die Songs zwar nett daher, aber nach einiger Zeit nervt das Gesinge. Vor allem, weil keine Metaebene dahinter steht, die mitgrooven könnte. Außerdem ist „The Producers“ eher einfallslos inszeniert. Die Kamera hält meistens still; sie lässt die Sänger singen und die Tänzer tanzen. Gleich ob beim Bühnenbild, den langen Einstellungen, den vielen Innenaufnahmen, dem Ablauf der Szenen – überall schimmert die Bühnenfassung durch.

Komisch wird der Film immer dann, wenn es um „Springtime for Hitler“ geht. Dieses Musical im Musical ist in seiner Absurdität eindeutig das bessere. Wenn Gary Beach als tuntiger Hitler „Lookout, here comes the master race“ singt, stellt er unter Beweis, dass es beim Versuch, Hitler leinwandtauglich zu machen, sinnvoller ist, sich an Charlie Chaplin zu orientieren, als gleichzeitig Mensch und Monster sein zu wollen. Der Humor, den Mel Brooks als Drehbuchautor hier offenbart, ist zudem wunderbar verwegen. Die Tänzer bilden Hakenkreuzformationen, Uma Thurman erscheint als Reichsadler, und die blonden Arier singen „Deutschland is happy and gay“.

Nathan Lane als Max Bialystock und Matthew Broderick als Leo Bloom ist anzumerken, dass sie schon die Hauptrollen in der Broadway-Inszenierung übernommen haben. Das Spiel der beiden wirkt, als müsste ihre amoklaufende Mimik für jeden noch so kurzsichtigen Theaterbesucher in der 30. Reihe deutlich erkennbar sein. Filme wie „Austin Powers“ haben vorgemacht, wie man cartoonhafte Charaktere ironisch brechen kann, in „The Producers“ erinnert dieser Versuch bisweilen leider eher an einen Schwank mit Willi Milowitsch. „The worst show in Town“, wie die beiden leicht bekleideten Damen zu Beginn des Filmes singen, ist „The Producers“ zwar trotzdem nicht; aber das Original von 1968 ist dann doch frischer und rasanter inszeniert.

„The Producers“. Regie: Susan Stroman. Mit Nathan Lane, Matthew Broderick u. a. USA 2005, 134 Min.

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