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Die US-Regierung ist auf Kriegskurs gegenüber Iran

Washington fordert Geschlossenheit der EU-Staaten. Aber die Bundesregierung kann den drohenden Angriff auf die Islamische Republik verhindern

OSNABRÜCK taz ■ Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass es Bush, Cheney und Rumsfeld im Fall Iran nicht darum geht, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern, so ist mit der Ablehnung des russischen Vorschlages durch Washington am 7. März dieser Beweis erbracht. Dieser Vorschlag besteht im Kern darin, dass erstens die industrielle Urananreicherung für die iranische Nuklearindustrie in Russland stattfindet und zweitens der Iran das Recht behält, Uran zu Forschungszwecken anzureichern. Die EU-Staaten Deutschland, Frankreich und England signalisierten ihre Zustimmung zum russischen Vorschlag, nachdem auch Teheran diesen Kompromiss gebilligt hatte.

Mit ihrer Ablehnung der gegenwärtig einzig denkbaren diplomatischen Lösung und der unerfüllbaren Forderung an die iranische Seite, bedingungslos und vollständig auf ein völkerrechtlich verbrieftes Recht zu verzichten, legt es die US-Regierung darauf an, die nächste Eskalationsstufe anzustreben: zunächst im UN-Sicherheitsrat Sanktionen zu beschließen, Teheran zu Gegenreaktionen zu provozieren und eine Stimmung zu erzeugen, die Washington braucht, um auch ohne Zustimmung des Sicherheitsrates einen Luftkrieg zusammen mit Israel, vielleicht auch mit England, für moralisch legitim zu erklären.

Seymour Hershs Enthüllungen im US-Magazin New Yorker decken sich voll mit dem Desinteresse Washingtons an einem Kompromiss, der einem Krieg die Grundlage entzieht. Washington beabsichtigt, durch Luftangriffe mit Nuklearbomben auf den Iran, so Hersh, „die iranische Regierung zu demütigen, einen Volksaufstand zu provozieren und damit einen Regimewechsel möglich zu machen“.

Die US-Regierung rechnet damit, dass nach einem Kriegsbeginn aus Gründen der eingeforderten Geschlossenheit innerhalb der westlichen Gemeinschaft Deutschland, Frankreich und auch der gesamten EU keine andere Möglichkeit bleibt, als nach dem Motto „Jetzt müssen wir zusammenhalten“ ihren Segen zum Krieg zu geben.

Für einen Krieg gegen den Iran hat die US-Regierung in den USA aber keine Mehrheit. Bush, Cheney und Rumsfeld setzen auf direkte oder indirekte Unterstützung der EU, vor allem der Bundesrepublik Deutschland. Gerade aus diesem Grund ist die Bundesregierung in der wichtigen Rolle, durch ein Nein einen neuen Krieg der USA zu verhindern. Die Bundesrepublik muss ihre Solidarität mit den USA davon abhängig machen, dass die US-Regierung tragfähige Kompromisse wie den russischen Vorschlag akzeptiert und nicht mutwillig ablehnt. Die sofortige Absage an einen US-Krieg gegen den Iran ist daher auch der Schlüssel dafür, dass die US-Führung von ihrem Kriegsambitionen Abstand nimmt.

MOHSSEN MASSARRAT

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