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Manchmal wird Mut doch belohnt

IM GLANZ DER KOMISCHEN OPER

Die Komische Oper kann mit diesem Titel für sich werben – und das ist gut

Gäbe es die Auszeichnung „the most sexiest operahouse of Germany“, die Komische Oper Berlin hätte sie sicherlich schon mal verdient. Nicht erst, seit Barrie Kosky hier mit Monteverdi die Kunst der Verführung übt, sondern auch schon, weil der Regisseur Calixto Bieito den Stimmen kräftige Körper beigab. Weil es diese Trophäe aber nicht gibt, freut man sich in Berlin auch ganz außerordentlich, dass der Komischen Oper dank der Kritikerumfrage der Zeitschrift Opernwelt der Titel „Opernhaus des Jahres“ verliehen wurde.

Am Dienstag gratulierten dann auch gleich Klaus Wowereit und Kulturstaatssekretär André Schmitz. Hatten doch sie Barrie Kosky, der gleich in seiner ersten Spielzeit als Intendant diese Anerkennung erfuhr, in dieses Amt berufen und sonnten sich nun auch ein bisschen in seinem Glanz.

Die Überschreitung von Genregrenzen hat sich Barrie Kosky als Programm vorgenommen und genau damit auch Erfolg gehabt. In der Kritikerumfrage punktete das Haus mit einer „Zauberflöte“, für die das britische Filmanimationsteam „1927“ eine für die Opernbühne neue Bildsprache entworfen hat, in der sich gezeichnete und reale Figuren begegnen, und mit der Operette „Ball im Savoy“ des Komponisten Paul Abraham. Abraham war Chefdirigent des Metropoltheaters, des Vorgängers der Komischen Oper, der wegen seiner jüdischer Herkunft vor den Nationalsozialisten fliehen musste. Seine Operette auf den Spielplan zu setzen, knüpfte gleich an viele aufgelöste Fäden zur Geschichte des Hauses an, zu vertriebenen jüdischen Künstlern und zu Unterhaltungsgenres, die nach 1945 nie wieder die frühere Leichtigkeit und Eleganz zurückgewannen. Und anscheinend überzeugte Koskys Regie die Kritiker der Umfrage.

Die Komische Oper kann mit diesem Titel für sich werben – und das ist gut. Sie hat es mit ihrem heterogenen Programm geschafft, ein neues und jüngeres Publikum für sich und das Musiktheater zu mobilisieren, trotzdem ist ihre Auslastung steigerungsfähig.

Kosky, der aus Australien stammt und auch Produktionsformen jenseits gut subventionierter Häuser kennengelernt hat, steht nicht nur mit seinem Programm für eine große Offenheit. Er sucht auch nach Flexibilität, was die Abläufe in einem so großen Haus angeht, um Künstlern mehr Zeit fürs Ausprobieren zu geben. Das geht nur, wenn das Identifikationspotenzial der Mitarbeiter groß ist. Deshalb kann man dem Haus nur wünschen, dass jetzt alle dort die Auszeichnung zusammen feiern. KATRIN BETTINA MÜLLER

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