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der wochenendkrimiSex mit Kollegen

„Kommissarin Lucas: Das Verhör“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

Dem Austausch von Körperflüssigkeiten muss nicht unbedingt ein Austausch übertriebener Freundlichkeiten vorausgehen. In diesem Krimi wird der Beischlaf vollzogen wie eine unvermeidliche Nahrungsaufnahme: schnell, wortlos, sachlich. Kommissarin Lucas (Ulrike Kriener), die Traurigste aller Fernsehermittlerinnen, die in der letzten Episode ihren jahrelang im Wachkoma liegenden Ehemann beerdigen musste, steigt in zehn mehr oder minder ruhigen Minuten mit dem mäßig sympathischen Einsatzleiter Noethen (Michael Roll) ins Bett.

Sex soll ja Druck abbauen, bei Lucas haut das irgendwie nicht so recht hin. Was keineswegs verwundert – einen Tag vorher hat sie einen Geiselnehmer erschossen, um den sicheren Tod einer Geisel zu verhindern. Opferschutz geht vor Täterschutz, juristisch steht die Kommissarin also auf der sicheren Seite. Ihr Gewissen wird dadurch nicht beruhigt. „Irgendwann ist es immer das erste Mal“, sagt sie zu sich. Sie glaubt offensichtlich selbst nicht an diesen Satz.

Außerdem hat sie schon den nächsten Fall zu bearbeiten, der sich rechtlich und ethisch komplexer darstellt: Ein Junge wurde entführt, der relativ schnell gefasste mutmaßliche Kidnapper (Marek Harloff als Yuppie mit Unterschichtenkomplex) schweigt beharrlich über das Versteck. Wenn man nicht bald handelt, wird das Kind verdursten. Soll man dem Entführer Gewalt androhen, um ihn auf diese Weise zum Sprechen zu bringen?

„Das Verhör“ aus der Reihe „Kommissarin Lucas“ (Regie und Buch: Thomas Berger, Koautor: Christian Jeltsch) ist nun schon der dritte Fernsehfilm, der vom realen Fall Daschner inspiriert wurde. In seiner Art ist der Regensburger Krimi die konsequenteste Aufarbeitung jener Frankfurter Ereignisse von vor zwei Jahren, die eine umfassende Folterdebatte nach sich zogen. Anders als im (allerdings brillanten!) HR-Tatort „Leerstand“ spart man hier weitgehend die Opfer-Täter-Konfrontation aus, und im Gegensatz zur gerade erst in der ARD gesendeten kriminalphilosophischen Schmonzette „Eine Frage des Gewissens“ kommt die Polizeiheldin nicht in den Genuss des Märtyrerstatus. Ein effektfreies Krimidrama, das letztendlich so trostlos daherkommt wie der Sex unter Kollegen. CHRISTIAN BUSS

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