DIE SPD VERABSCHIEDET SICH ENDLICH VON SCHRÖDERS STEUERPOLITIK: Modernität kostet Geld
Die SPD entsorgt das Erbe der rot-grünen Regierungszeit. Die Steuern permanent zu senken und damit die demokratischen Institutionen peu à peu zu entmachten sei ein Irrtum gewesen, stellen die künftigen SPD-Spitzen Jens Bullerjahn und Kurt Beck fest. Ein grundsätzlicher Sinneswandel: Hatte doch Exkanzler Gerhard Schröder beschieden, dass es keine linke oder rechte, sondern nur noch eine moderne Wirtschaftspolitik gebe. Nun ist die Politik, die Schröder und sein Finanzminister Hans Eichel betrieben, selbst unmodern geworden.
Modernität setzten nicht nur die Neoliberalen, sondern teilweise auch die Rot-Grünen gleich mit einem Staat, der sich finanziell möglichst wenig einmischt. Eine derartige Politik aber ist den heutigen Herausforderungen nicht mehr gewachsen. Wer, wie die SPD mit ihrem neuen Grundsatzprogramm, einen vorsorgenden Sozialstaat definieren will, braucht Geld, um gute Kindergärten, Schulen, Universitäten und Forschungsprogramme zu bezahlen. Die deutsche Steuerbelastung liegt im Vergleich ziemlich niedrig. Es ist völlig richtig, sie moderat anzuheben. Fragt sich nur, an welcher Stelle und für wen. Wer heute große Immobilien besitzt oder nennenswerte Beträge in Finanzanlagen investiert hat, freut sich über sensationell geringe Grund- , Spekulation-, Vermögen- und Erbschaftsteuern. An diesen Punkten könnte die große Koalition ebenso etwas ändern wie bei der Steuerbelastung der Konzerne. Auf dem Papier verlangt ihnen der Staat hohe Abgaben ab, tatsächlich aber zahlen sie oftmals fast nichts.
Gerade bei der geplanten Reform der Unternehmensteuer wird sich deshalb zeigen, wie praxistauglich die neue SPD-Theorie sein kann. Alles deutet zurzeit daraufhin, dass die Aktiengesellschaften wieder einmal mit einer Reduzierung ihrer Steuersätze rechnen dürfen, ohne dass andererseits die Möglichkeiten zur Verrechnung von Verlusten eingeschränkt oder die Abgaben der Eigentümer erhöht würden. Sollte das so kommen, wären Becks Leitsätze für das neue SPD-Grundsatzprogramm schon entwertet, bevor der Parteitag sie beschlossen hat. HANNES KOCH
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