piwik no script img

Christian BussDer WochenendkrimiDas Gold der späten DDR

Wer beim Grillfest eine Schussfeuerwaffe hinter den Hosenbund steckt, ist nicht ganz dicht. Kommissar Bukow (Charly Hübner) lädt derart gut munitioniert alle Kollegen in den Garten seines neuen Eigenheims ein. Auf dem offenen Feuer brutzelt ein ganzes Schwein, nur die Getränke fehlen. Bukow schickt Kumpel Rolf zum Bierholen – einen trockenen Alkoholiker. Bald treibt dessen Leiche in der Ostsee. Trocken ist was anderes, im Körper finden sich Rückstände einer Flasche Rum. Offensichtlich war Rolf in ein Verbrechen verwickelt – in dem, so mutmaßt Profilerin König (Anneke Kim Sarnau), wohl auch Bukow die Hände drin hat.

Die schleichende Paranoia, die sich jüngst beim neuen Rostocker Ermittlerteam bemerkbar machte, entlädt sich nun in echter Aggression. Plattenbaukind Bukow bringt in seiner frisch erworbenen Schrottimmobilie erst mal eine Alarmanlage an, die ewig aufjault. Ein paar Schläge mit dem Hammer, dann schweigt sie wieder.

Regisseur Edward Berger, der zusammen mit Martin Rosefeldt auch das Drehbuch schrieb, kennt sich aus mit korrupten Cops unter Strom: Zuvor hat er einige Folgen „Kriminaldauerdienst“ inszeniert, wo noch der sympathischste Beamte Dreck am Stecken hat, wo organisiertes Verbrechen und Mittelstandsträume nah beisammen liegen.

In „Aquarius“ verbindet Berger die nervöse Stimmung mit einem Verbrechen aus den letzten Tagen der DDR. Damals verschwanden Goldbarren aus dem Besitz von Schalk-Golodkowskis KoKo, der umtriebigen Devisenbeschaffungsabteilung. Eine Truppe Ex-Kampfschwimmer scheint etwas zu wissen. Einer von ihnen (Karl Kranzkowski) ist in der Zwischenzeit verdächtig reich geworden.

Die Mörder werden schließlich gefasst, ein beruhigendes Ende aber gibt es nicht. Zwischendurch deliriert der ruhelose Bukow sogar Küsse mit der Kollegin König herbei. Der Schweinegriller und die Bio-Tante, es liegt eine zärtliche Gereiztheit zwischen ihnen. Bleibt zu hoffen, dass dieses aus US-Krimis eingemeindete episodenübergreifende Erzählen auch hier funktioniert: Schließlich werden bis zum nächsten „Polizeiruf“ Monate vergehen.

Rostock-„Polizeiruf 110“: „Aquarius“; So., 20.15 Uhr, ARD

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen