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Griechische Verhältnisse

STEUERSCHÄTZUNG Schleswig-Holstein sieht leeren Kassen entgegen und plant massive Einsparungen. Besonders hart trifft die Finanzmisere die Kommunen – aber die sehen keinen Spielraum mehr

„Viele Städte sind nicht mehr handlungsfähig.“

Bernd Saxe, Bürgermeister Lübeck

Mit düsteren Zahlen stimmt Schleswig-Holsteins Landesregierung die Bürger auf schmerzhafte Einschnitte ein. In die klamme Landeskasse fließt noch weniger Geld als befürchtet. Bis 2012 muss das Land voraussichtlich jedes Jahr mit einer Milliarde Euro weniger auskommen als ursprünglich geplant. Dies ergibt sich aus der regionalisierten Steuerschätzung, deren Ergebnisse Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) vorgestellt hat.

Die Kommunen seien relativ noch stärker betroffen als das Land, sagte Wiegard. Seine Konsequenz aus den Zahlen: Striktes Festhalten an der Haushaltskonsolidierung.

Die schlechteste Nachricht ist für Finanzminister Wiegard, dass die Steuereinnahmen so lange stocken. Erst 2013 wird das Land wieder so viel Steuergeld einnehmen wie 2008. Die Kommunen schaffen das wohl erst ein Jahr später.

Das schwarz-gelbe Kabinett wird am 26. Mai absehbar massive Einschnitte beschließen. Damit soll der marode Haushalt strukturell so in Ordnung gebracht werden, dass das derzeit mit 24 Milliarden Euro verschuldete Land von 2020 an ohne neue Schulden auskommt.

„Die Städte geraten weiter in eine Zangenbewegung: Die Einnahmen sinken und sinken, die Ausgaben wachsen weiter“, sagte Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote als Vorsitzender des Städteverbandes. Es dürfe keine weiteren Steuersenkungen zulasten der Kommunen geben. „Viele Städte sind nicht mehr handlungsfähig und schaffen keinen Haushaltsausgleich mehr“, sagte Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe für die kreisfreien Städte.

Das Land habe Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt, meint CDU-Finanzexperte Tobias Koch. „Wir sehen heute mit Bestürzung in Griechenland, wozu das auf lange Sicht führt.“ Das Land könne nicht mehr so viel leisten wie bisher, sagte Hartmut Borchert vom Steuerzahlerbund. Wer keine griechischen Verhältnisse wolle, müsse magere Jahre in Kauf nehmen. (dpa)

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