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DaimlerChrysler befreit sich von Steuern

Stellenabbau und Smart-Sanierung gehen auf Kosten des deutschen Fiskus. Firmen melden Gewinne lieber im Ausland

BERLIN taz ■ Sechs Milliarden Euro Gewinn aus dem normalen Geschäftsbetrieb will DaimlerChrysler in diesem Jahr nach eigenen Angaben einfahren – und zahlt trotzdem daheim in Schwaben offenbar keine Steuern. Das meldeten gestern die Stuttgarter Nachrichten. Aus „sicheren Quellen“ habe die Zeitung erfahren, dass Stuttgart, Sindelfingen und Esslingen in diesem Jahr nicht mit Gewerbesteuerzahlungen des Autokonzerns rechnen. Das ist zugleich ein Hinweis darauf, dass auch der Bund bei der Körperschaftsteuer leer ausgehen dürfte. Doch mit Verweis auf das Steuergeheimnis wollen die betroffenen Stadtverwaltungen dazu genauso wenig Angaben machen wie die Konzernpressestelle selbst.

Fest steht aber, dass das Unternehmen eine eher unrühmliche Steuerzahlungsgeschichte hat. Nach der Übernahme von Chrysler durch Daimler 1998 kündigte der damalige Vorstandschef Jürgen Schrempp an, der Finanzminister werde von seinem Konzern auf absehbare Zeit keinen Pfennig Steuern mehr erhalten. Denn die Kosten für die teure Übernahme des angeschlagenen US-Autobauers ließen sich zu Hause absetzen. Erst 2003 zahlte der Konzern einer Ankündigung Schrempps zufolge an seinen deutschen Standorten wieder Gewerbesteuern.

Damit war es schon im vergangenen Jahr wieder vorbei. Die Verkündung hoher operativer Gewinne sagt nichts darüber aus, wo diese Gewinne ausgewiesen und versteuert werden. So verzeichnet DaimlerChrysler derzeit in den USA zwar ein deutliches Plus. Doch die deutsche Mercedes-Gruppe machte 2005 rund eine halbe Milliarde Euro Miese, und dieses Jahr wird nicht viel besser ausfallen: Der Abbau von 14.500 Stellen bis 2008 geht mit hohen Abfindungszahlungen einher. Die Sanierung der Kleinwagensparte Smart ist kostspielig. Und auch das Aus für den viertürigen Smart Forfour schlägt auf die Bilanz. Den Stellenabbau finanziert der deutsche Fiskus also gewissermaßen mit. So kann es durchaus sein, dass trotz hoher operativer Gewinne im weltweiten Geschäft in der deutschen Bilanz kein zu versteuernder Gewinn auftaucht.

„Wie die Unternehmen das im Einzelnen machen, lässt sich in den Bilanzen nicht erkennen“, klagt der Steuerexperte Lorenz Jarass von der Fachhochschule Wiesbaden. Forschung darüber werde nicht gefördert. Generell ist jedoch der Trend zu beobachten, dass Konzerne ihre Gewinne im Ausland anfallen lassen – möglichst da, wo die Steuersätze niedriger sind als hierzulande.

„Unser Steuersystem ist löchrig wie ein Schweizer Käse“, kommentiert der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Dieter Ondracek. „International operierende Großkonzerne können ihre Bilanzen mit Hilfe von konzerninterner Verrechnung so gestalten, dass sie trotz Gewinnen kaum Steuern im Inland zahlen müssen.“ Eine Unternehmenssteuerreform mit niedrigeren Steuersätzen werde daran nichts ändern. Viele Länder werden auch weiterhin die deutschen Tarife unterbieten. Missbrauch verhindern könnten dagegen mehr und strengere Steuerprüfungen, so Ondracek. NICOLA LIEBERT

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