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gemeindereformBlamage für den Innenminister

Die Reform der NRW-Gemeindeordnung wird auf die lange Bank geschoben. Für die Demokratie im Land ist das gut – zu viel an dieser Reform war Murks und wenig durchdacht.

Nur ein Beispiel: Die geplante Verlängerung der Amtszeiten für Bürgermeister von fünf auf acht Jahre war nicht nur weniger demokratisch, sondern unpraktikabel. Weil die Stadtparlamente nur alle fünf, die Rathauschefs aber alle acht Jahre gewählt werden sollten, drohte den Bürgerinnen und Bürgern ein Chaos permanenter Wahlen und Wahlkämpfe. Sie hätten weniger zu sagen, würden aber doch ständig an die Urnen gebeten. Die Wahlbeteiligung sinkt und das schwächt die Legitimation der Lokalchefs.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Für die nordrhein-westfälische Landesregierung ist das vorläufige Scheitern der Reform eine Niederlage. Eine Blamage ist der Rückzieher besonders für FDP-Innenminister Ingo Wolf. Gerade erst hat der Liberale seine NRW-Polizeireform mühsam gegen die maulende CDU-Basis an Rhein und Ruhr durchgesetzt. Jetzt haben sich die konservativen Lokalfürsten gerächt: Die neue Gemeindeordnung ist vor allem an der CDU-Provinz gescheitert.

Obwohl ihnen längere Amtszeiten winkten, lehnen die einflussreichen Wahlbeamten die Vorlage aus dem Innenministerium ab. Auch die vorgeschlagene Formulierung, Kommunen nur in „dringenden“ Fällen eine wirtschaftliche Betätigung zu gestatten, roch den – eher pragmatisch veranlagten – Rathauschefs zu sehr nach FDP-Grundsatzprogramm. Natürlich stoppten die Bürgermeister das Vorhaben auch aus egoistischen Motiven: Keine kommunale Wohnungsgesellschaft mehr? Kein Aufsichtsratsposten bei städtischen Tochtergesellschaften? Nein, ihre Pöstchen und Annehmlichkeiten wollten sich die Bürgermeister nicht nehmen lassen. Lasst mir meinen Filz, dann reichen auch fünf Jahre Amtszeit – diese Argumentation hat sich erst einmal durchgesetzt. Nicht zum Schaden der Demokratie.

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