: „Einzelne haben Macht“
FAKTEN Wetterexperte Frank Böttcher räumt mit Fehlinformationen über den Klimawandel auf
■ 45, interessierte sich schon mit zehn fürs Wetter und leitet das Institut für Wetter und Klimakommunikation.
taz: Herr Böttcher, Ende Oktober ist Orkan „Christian“ über Norddeutschland gefegt. Sind solche heftigen Herbststürme schon eine Auswirkung des Klimawandels?
Frank Böttcher: Nein. Solche Stürme sind tatsächlich normal. Wenn wir uns die letzten 30 Jahre in Norddeutschland anschauen, hat sich am Wind kaum etwas verändert.
Woran können wir im Norden den Klimawandel dann spüren?
An den Tagestemperaturen. Die sind im Mittel über fast alle Jahreszeiten hinweg um etwas über ein Grad angestiegen. Außerdem haben wir in den letzten 15 Jahren im Vergleich zu den 15 Jahren davor doppelt so viele Wärmerekorde – ein deutliches Zeichen dafür, dass da draußen etwas passiert, das nicht normalen Ursprungs ist.
Welche Folgen hat das?
Eine Folge der Erwärmung ist das Einwandern nicht heimischer Arten. Bei hohen Temperaturen und langen Wärmephasen konnten beispielsweise Insekten und Erreger aus Südeuropa bis nach Norddeutschland wandern.
Was kann der Einzelne tun, um den Klimawandel zu bremsen?
Seinen Beitrag zum Klimaschutz kann man beispielsweise als Verbraucher leisten.Wenn man sich im Supermarkt gegen die eingeflogenen Äpfel aus Argentinien und für den norddeutschen Boskop entscheidet, macht das schon einen Unterschied. Jeder kann mitentscheiden, aber man muss sich die Mühe machen, hinzugucken.
Aber bringt das überhaupt etwas?
Ich glaube, dass der Einzelne Macht hat. Wenn wir als Konsumenten bestimmte Produkte nicht mehr kaufen, dann reagiert der Handel darauf. Das Problem ist aber, dass Waren, die einen schlechten klimatologischen Effekt haben, meistens viel günstiger als nachhaltig produzierte Produkte sind. Das ist absurd.
Oft heißt es, der Klimawandel sei nicht menschengemacht, sondern ein natürlicher Prozess. Stimmt das?
Das Klima hat sich immer verändert, aber in diesem Fall können alle natürlichen Ursachen ausgeschlossen werden. Dass das klimaschädliche CO2 durch den Menschen in die Atmosphäre abgegeben wurde, kann man sogar sehen. Die Uni Bremen sammelt Satellitendaten, die zeigen, dass über Ballungsräumen besonders viel CO2 vorkommt. Das ist der Fingerabdruck des Menschen.
INTERVIEW: REA
Buchvorstellung „Klimafakten“ und Gespräch: 18.30 Uhr, Gut Karlshöhe, Karlshöhe 60d, 3 Euro
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