piwik no script img

Neue Qualität für die Glotze

Die Cologne Conference präsentiert im Mediapark wieder Fernseh-Produktionen aus der ganzen Welt

Seit 1991 bringt die Cologne Conference das Fernsehen von Morgen an den Rhein. Während in manchen Jahren die Programm-Zukunft beinahe ausschließlich in den USA oder Großbritannien zu liegen schien, meldet sich beim heute beginnenden Kölner TV- und Film-Festival 2006 auch der europäische Kontinent zurück – mit starken Produktionen aus Schweden, den Niederlanden und Österreich. Die Nase vorn, aber das war zu erwarten und ist auch nicht weiter schlimm, haben wieder die Programm-Macher von der britischen BBC. Anders als die meisten TV-Präsentationen, die Fachbesuchern vorbehalten sind, hat die Cologne Conference dabei einen entscheidenden Vorteil: Alle Screenings im Kölner Mediapark sind öffentlich. Eine notwendigerweise subjektive Auswahl:

Medea (NL)

Die letzte Regie-Arbeit des 2004 von einem religiösen Fanatiker ermordeten Theo van Gogh ist viel mehr als eine bloße Neufassung der Sage des Euripides vom Kindermord der Medea. Abgründe tun sich auf in den honorigen Zirkeln der niederländischen Politik. Da wird erpresst, gelogen und unter Druck gesetzt, was das Zeug hält. Politiker intrigieren gegen Politiker, Koalitionen halten immer nur für Augenblicke, und die sensationslüsternen Medien wie die korrupten Berater dieser höchst realen Scheinwelt setzen immer noch eins drauf. Die packend-unmoralische Polit-Serie, gegen die das ZDF-„Kanzleramt“ geradezu aus Bullerbü kam, bekommt auch den diesjährigen TV-Spielfilm-Preis des Festivals, mit dem bei der Cologne Conference die herausragendste Produktion ausgezeichnet wird.

(21. Mai, 18:00 Uhr, Cinedom)

My Name is Earl (USA)

Irgendwie fühlt man sich bei dieser US-Comedy mitten in die 1980er Jahre zurückversetzt: Protagonist Earl (grandios: Jason Lee) trägt Holzfällerhemd sowie Schnauzbart Marke „Magnum“. Und hat eine Mission: Earl will sich bei allen Menschen entschuldigen, denen er auf seinem bislang nicht ganz lupenreinen Lebensweg übel mitgespielt hat. Gleich in der ersten Folge trifft er auf einen alten Schulfreund, der seinerzeit in den Knast ging, obwohl Earl den Donut-Laden überfallen hatte. Das Earl gleichzeitig auch noch versucht, sich das Rauchen abzugewöhnen, macht die Sache nicht leichter...

(19. Mai, 22:00 Uhr, Cinedom)

Fokus Pokus Euromatik (A/BG/SCG)

Der Wiener Prater ist Inbegriff des Vergnügungsparks, doch das Leben der Menschen hinter seinen Kulissen ist oft alles andere als unbeschwert leicht und locker. Die Doku über das internationale Heer der Saisonarbeiter, von denen viele aus den Balkanstaaten kommen, zeigt, wie Globalisierung im Alltag wirklich aussieht. Und manchmal klappt es sogar mit dem Vergnügen.

(19. Mai, 21:00 Uhr, Filmhaus)

Gideon‘s Daughter (GB)

Ohne Gideon können sie nicht leben: Die Stars und Sternchen, und, seit ihrem Wahlsieg 1997, auch nicht die an die Macht gekommenen New-Labour-Politiker. „Ask Gideon!“, frage Gideon, heißt es überall in London – der smarte PR- Papst scheint auf dem Höhepunkt angekommen zu sein. Doch seine Tochter entfremdet sich immer mehr von ihm und will nicht zur Uni, sondern lieber für ein Umwelt-Projekt in den südamerikanischen Dschungel. Plötzlich gerät Gideon unfreiwillig an die Kassiererin Stella – und bekommt wieder eine Rückkopplung zum wirklichen Leben.

(21. Mai, 20:30 Uhr, Cinedom)

Russian Godfathers (GB)

Man wird aus Boris Beresowski nicht schlau: Der einst mächtigste der russischen Oligarchen lebt heute im englischen Exil und hat nur noch eine Mission: Er will den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Fall bringen, egal wie. Schließlich hat Putin Beresowski um alles gebracht, was er an (Wirtschafts-) Macht und Einfluss hatte. Alles, bis auf eins: sein Geld. Die Doku begleitet den Ex-Oligarchen, der weltweit mit Interpol-Haftbefehl gesucht wird, auf einen provokativen Trip ins Baltikum und geht der Frage nach, wie viel von Beresowskis Geld hinter der orangenen Revolution in der Ukraine steckte. (19. Mai, 19:30 Uhr, Cinedom und Filmhaus)

Life on Mars (GB)

Es ist Frühjahr 2006 und Detective Chief Inspector Sam Tyler ist in Manchester einem Serienkiller auf der Spur. Als der plötzlich Tylers Freundin kidnappt, scheint sich ein ganz schnöder, an den Haaren herbeigezogener „Tatort“-Plot abrollen zu wollen. Doch dann kriegt diese großartige BBC-Produktion mehr als die Kurve. Tylers iPod spielt gerade David Bowies Hit „Life on Mars“ von 1973, als Tyler von einem Auto angefahren wird. Als der Polizist wieder zu Bewusstsein kommt, läuft immer noch „Life on Mars“. Aber es ist wirklich 1973, und Tyler findet sich auf der Spur eines anderen Verbrechens, das eng mit dem Verschwinden seiner Freundin 33 Jahre später zusammenhängt. (20. Mai, 22:00 Uhr, Cinedom)

STEFFEN GRIMBERG

www.cologne-conference.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen