: Endlich ein Held
RUHM Der ehemalige Fußballer Hans Sarpei ist im Internet ein Star. Ein TV-Sender will von diesem Nimbus profitieren. Sarpei bekommt eine eigene Sendung (So., 18.15 Uhr, Tele 5)
MIT SOLCHEN SPRÜCHEN WIRD DER EHER UNSCHEINBARE SARPEI GEFEIERT
VON JENS TWIEHAUS
Sie sind mittlerweile mehr als 450.000. So vielen Menschen gefällt auf Facebook die offizielle Seite von Hans Sarpei. Die abstruse Verehrung des ehemaligen Bundesliga-Fußballers treibt in sozialen Netzwerken sehr seltsame Blüten. Es hat erstaunlich lange gedauert, bis ein Fernsehsender auf die Idee kam, dem gebürtigen Ghanaer eine Sendung zu widmen. Nun ist es so weit. Ein Grund zur Freude ist das nicht, erst recht nicht für all die Sarpei-Jünger da draußen.
Sätze wie „Hans Sarpei ärgert sich weiß“ bekommen auf Facebook mehr als 20.000 Likes. Sie funktionieren im Netz, diese oft saudämlichen Kalauer, und vermutlich nur dort. Sie sind ein Plattform-Phänomen. Deshalb sollte man dem Spartensender Tele 5 nicht gratulieren, dass er den 37-Jährigen für mehrere Folgen vor die Kamera stellt, damit er Amateurfußballern das Gewinnen beibringt und nebenbei sich selbst als Legende schauspielert. Im schlimmsten Fall droht ab diesem Sonntag die Entzauberung eines Mythos auf der Mattscheibe. Man möchte „Bitte nicht!“ dazwischenrufen, wenn Sarpei verspricht: „Klar, dieser ganze Internetkult um mich spielt auch in der Sendung eine große Rolle. Das versuchen wir im Fernsehen widerzuspiegeln.“
Die Produzenten inszenieren Sarpei, der bis 2012 unter anderem für den Bundesliga-Club Schalke 04 spielte, als den Retter in der Not: Der im gahanaischen Tema geborene und in Köln aufgewachsene frühere Abwehrspieler darf in „Hans Sarpei – Das T steht für Coach“ Männer aus der Fußball-Kreisliga mit Bundesliga-Fitness auf Trab bringen. Damit sie endlich wieder Tore schießen. Sarpei soll die Lichtgestalt unter Bierbäuchen sein, bei seinen Auftritten wird das mit reichlich Kunstnebel betont. Das Ganze wirkt aufgesetzt, Doku-Soap halt. Doch Sarpei verspricht, ernsthaft an den Fähigkeiten seiner Schützlinge zu arbeiten: „Ich will den Jungs was mitgeben.“
Der Hype um den Kicker hält sich seit mehr als zwei Jahren – für Onlineverhältnisse also sehr lang. Die Person Sarpei erklärt den Beginn des Internet-Mythos Sarpei so: Es war Juni und er gerade in seinem Geburtsland Ghana, als der damalige Schalker Mannschaftskollege Alexander Baumjohann via Twitter fragte, ob es was Neues gebe. Sarpei trocken: „Ja, du sollst nach Wolfsburg.“ Beim dortigen Ligarivalen VfL hatte gerade der vormalige Schalke-Trainer Felix Magath angefangen, mit dem Baumjohann gar nicht klarkam.
Viele in der Fanszene mochten diesen Humor und einige begannen, Sprüche zu erfinden, die den eher schüchternen Sarpei in den Stand eines Superhelden erheben. Angelehnt an Witze über US-Actionstar Chuck Norris heißt es etwa: „Hans Sarpei trinkt aus dem Wasserhahn auf ex.“ Bis heute erfinden Fans und Sarpei selbst neue Sprüche („Mit Hans Sarpei als Anwalt bekäme Uli Hoeneß eine Steuerrückerstattung“). Sarpeis aktuelle Existenz als Werbefigur beruht auf der kontinuierlichen Kult-Pflege. „Am Anfang war es Spaß, jetzt ist es fast schon ein Beruf“, sagt der Medienstar, der in Köln mit offizieller B-Trainerlizenz eine U14 coacht und ernsthaft über eine Zukunft als Trainer nachdenkt.
Doch warum mögen alle Hans? Während Internet-Maulhelden wie Boris Becker im Netz verbale Tritte in die Weichteile kassieren, bekommt Sarpei digitales Wohlwollen. Markus Mau, Chef des Schalker Fanprojekts, kann sich das nur so erklären: „Er bezieht halt Stellung, auch zu Themen wie Rassismus, das macht ihn so sympathisch.“ Vermutlich ist aber alles viel einfacher. Was Sarpei tatsächlich ausmacht, ist seine Vergangenheit als Antiheld im Fußball.
Sarpei schmorte oft auf der Bank. Als er mit Ghana bei der WM 2006 in Deutschland antrat, spielte er in vier Partien keine Sekunde.
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