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portraitJörg Haiders neuer Hoffnungsträger

Er gehöre zu jenen Leuten, die sich „die Taschen mit Geldern aus den Ämtern“ voll stopfen, die sie nur dank der FPÖ bekommen hätten, tobte Jörg Haider vor nicht ganz vier Jahren über seinen einstigen Weggefährten Peter Westenthaler. Mit Abtrünnigen pflegt er brutal abzurechnen. Aber mit fast allen sucht er später die Versöhnung, wenn es politisch opportun ist.

Westenthaler soll jetzt Haiders glücklose Partei BZÖ in die Nationalratswahlen führen. Das BZÖ, vor 13 Monaten aus einer Abspaltung von der FPÖ hervorgegangen, krebst in Umfragen deutlich unter der Vierprozenthürde.

Westenthaler, 38, traut es sich aber zu, die Partei ins Parlament zu bringen. Ja, er strebt sogar eine Wiedervereinigung mit der FPÖ an. Ideologisch steht er ihr näher als dem Koalitionspartner ÖVP. Zunächst geht es darum, den Freiheitlichen die Stimmen vom rechten Wählerrand abzujagen. Darauf versteht sich der Politrabauke, dessen aggressive Rhetorik legendär ist.

Westenthaler wurde als Peter Hojac im Wiener Arbeiterbezirk Favoriten geboren, in jenem proletarischen Milieu, in dem die FPÖ in den 90er Jahren ihr größtes Wachstum erreichte. Haider lernte er in einer Disco kennen und diente sich als „persönlicher Referent“ an. Der damalige FPÖ-Chef, der sich gern mit bedingungslosen Fans umgibt, machte ihn zum Mädchen für alles.

Erster Akt der Anpassung war, den Mädchennamen seiner Mutter anzunehmen: Westenthaler. „Als Haider-Mitarbeiter kann man nicht Hojac heißen“, soll er gesagt haben. Als FPÖ-Jugendsprecher und Abgeordneter im Wiener Landtag blieb er Kofferträger seines Chefs. Der Karrieresprung kam mit der Regierungsbeteiligung 2000. Westenthaler, frisch in den Nationalrat gewählt, wurde zum blauen Fraktionschef und einer der wichtigsten Männer der Koalition.

Auf seine Initiative wurden die Fremdengesetze verschärft. Berüchtigt waren seine politischen Interventionen im ORF. Die von Haider von Kärnten aus betriebene Oppositionspolitik gegen die eigene Regierung, wollte er nicht mittragen. Als es im September 2002 zum Krach in der FPÖ kam, nahm Westenthaler mit der damaligen FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer den Hut und ließ die Regierung platzen.

Beide fanden hoch dotierte Posten in der Wirtschaft. Westenthaler wurde zum Manager ohne wirklichen Kompetenzbereich im Magna-Imperium des milliardenschweren Austro-Kanadiers Frank Stronach. Noch vor kurzem konnte er eine Rückkehr in die Politik kategorisch ausschließen. Heute schlägt ihn Jörg Haider als seinen eigenen Nachfolger im BZÖ-Vorsitz vor. RALF LEONHARD

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