: Fünf Ziffern gegen Polizeigewalt
TRANSPARENZ Bremen führt die Kennzeichnungspflicht für Polizisten ein: Ab Anfang 2014 sollen sie durch eine Nummer an der Uniform persönlich identifizierbar sein
VON JEAN-PHILIPP BAECK
Anfang 2014 will Bremen seine Polizisten zur Kennzeichnung verpflichten. Das gab Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) bekannt. Individuelle Nummern müssen bei Demonstrationen oder Fußballspielen, allen sogenannten „geschlossenen Einsätzen“, getragen werden. Ausnahmen gelten bei Einsätzen gegen Schwerstkriminelle.
Um einen Datenmissbrauch zu verhindern, sind statt Namensschildern fünfstellige Ziffern geplant, die auf Vorder- und Rückseite der Uniform getragen werden und sich für die einzelnen Beamten von Einsatz zu Einsatz ändern. Die Zuordnung soll nur im Polizeipräsidium möglich sein. Nach Abstimmung mit Personalräten und Polizeiführung soll die Kennzeichnungspflicht nur für Bremer PolizistInnen gelten und nicht für Beamte anderer Länder, die etwa bei Fußballspielen in Bremen aushelfen.
Der Vorstoß des Innensenators kommt überraschend. Zwar läuft die Diskussion um die Kennzeichnung in Bremen seit Jahren und steht seit 2011 im rot-grünen Koalitionsvertrag, noch vor ein paar Monaten jedoch hieß es, man wolle mit der Umsetzung auf Niedersachsen warten. Dort war die Kennzeichnungspflicht Anfang 2013 von der neuen rot-grünen Regierung in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden.
Am Freitag hieß es dazu aus dem niedersächsischen Innenministerium, im Landespolizeipräsidium würden „derzeit alle wesentlichen Aspekte umfassend geprüft“, die „Rahmenbedingungen zusammengefasst und bewertet“. Und: „Eine politische Entscheidung zu dem Thema ist noch nicht gefallen.“
Das klingt nach langer Bank – und dauerte zu lang für Bremen. Vor allem die Grünen hatten hier den Druck auf Innensenator Mäurer erhöht.
Abgelehnt wird die Kennzeichnungspflicht von den Polizeigewerkschaften: GdP-Landesvorsitzender Horst Göbel sieht darin ein falsches „Misstrauen“ gegen Polizisten. Ihm sei kein Fall bekannt, in dem ein Polizist in Bremen nicht identifiziert wurde. „Viele Kollegen im Streifendienst tragen bereits freiwillig Namenschilder“, so Göbel.
Rolf Gössner, Innendeputierter für die Linksfraktion, widerspricht: Es gebe vermehrt Beschwerden über Diskriminierungen oder Polizeigewalt, immer wieder komme es vor, dass Polizisten nicht namhaft gemacht werden können. „Die Polizei ist die Hauptvertreterin des staatlichen Gewaltmonopols mit weitreichenden Befugnissen, die tief in die Freiheitsrechte der Bürger eingreifen“, so Gössner. Eine Kontrolle sei hier besonders wichtig, die Kennzeichnungspflicht nur ein erster Schritt.
Umgesetzt ist die Kennzeichnungspflicht in Berlin und Brandenburg, ab Januar 2014 gilt sie auch in Rheinland-Pfalz. In Schleswig-Holstein gilt sie seit Dezember 2012. Gemessen an den Diskussionen im Vorfeld sei die Wirkung dort „unspektakulär“, so ein Sprecher des Innenministeriums. In Hamburg beschloss die SPD eine Kennzeichnungspflicht nur in Einvernehmen mit den Polizeigewerkschaften. Entsprechend weit ist eine Regelung entfernt.
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