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Neuer Name, neues Spiel

FUSSBALL Früher mal Galatasaray und heute Rixdorfer SV – türkische Fußballclubs zeigen mit neuem Namen, dass sie in Berlin angekommen sind. Und haben mit der Umbenennung auch mehr Zulauf

Von wegen nur Schall und Rauch. Namen haben ihre Bedeutung: Als sich der 1992 gegründete Amateurverein Galatasaray Berlin im Januar 2012 in Rixdorfer SV umbenannte, gab es intern durchaus Widerstand gegen diesen Schritt. Die Mehrheit setzte schließlich den „Neuanfang unter neuem Namen“ durch, wie Recep Er, zweiter Vorsitzender des Fußballvereins, berichtet. Begründung: „Wenn wir schon in Neukölln leben, dann wollen wir auch einen deutschen Namen annehmen.“

Rund 300 Mitglieder zählte Galatasaray seinerzeit. Aktuell gehören rund 550 Mitglieder dem an der Sonnenallee beheimateten Rixdorfer SV an. Nach knapp zwei Jahren zieht Recep Er ein positives Fazit: „Für uns hat sich die Umbenennung gelohnt. Vor allem im Jugendbereich profitieren wir.“ Nun kämen auch viele deutsche oder auch junge Spieler aus dem früheren Jugoslawien zu dem Club. „Vorher hatte Galatasaray zwei Jugendteams, jetzt sind es neun.“

Außerdem habe Galatasaray nicht den besten Ruf in der Fußballszene gehabt. „Es gab Komplikationen: Streitigkeiten mit Gegnern, Randale im Jugendbereich. Auch bei den Männern“, erzählt Recep Er. „Mittlerweile aber haben wir einen guten Ruf in Neukölln.“ Zufrieden berichtet der RSV-Mann, dass sich die Einladungen zu Turnieren bei „deutschen Vereinen“ häufen.

Der alte Clubname schreckte offenbar viele potenzielle Fußballfans ab. „Die Nichttürken haben sich gescheut, bei uns vorbeizukommen“, sagt Recep Er. Aber aufgrund der Rivalität zwischen den Istanbuler Großclubs Galatasaray, Fenerbahçe und Beșiktaș machten auch Berliner Türken, die nicht für das Original-„Gala“ vom Bosporus schwärmen, einen Bogen um den Neuköllner Verein. Der neue Clubname Rixdorfer SV hat das Problem gelöst, die rot-gelben Farben des Galatasaray-Trikots wurden gegen ein neutrales Blau-Weiß eingetauscht.

Karadeniz zu Kreuzberg

Wenige hundert Meter nördlich der Sonnenallee, in der Wiener Straße in Kreuzberg, erinnert noch ein schwertschwingender Reiter an der Sportanlage daran, dass der ortsansässige Fußballverein FC Kreuzberg seine Wurzeln in Samsun am Schwarzen Meer hat. Der Mann auf dem Pferd ist dem Stadtwappen der türkischen Stadt entlehnt.

1978 gründeten Immigranten in Kreuzberg den Club Karadenizspor (Karadeniz heißt Schwarzes Meer), vor fünf Jahren wurde er in Samsunspor umbenannt. Damit sollten Sponsoren aus der Schwarzmeerregion angelockt werden. Was misslang. 2011 folgte dann die Umwandlung des damals offiziell 20 Mitglieder zählenden Vereins in FC Kreuzberg.

„Wir wollten uns öffnen und multikulti sein. Von meinen türkischen Sportfreunden habe ich Lob bekommen, dass ich den Mut dazu habe“, sagt der frühere Vorsitzende Cemal Dogan, der die Namensänderung durchsetzte. Bei einigen türkischstämmigen Freunden, die mit ihm aus Samsun kamen, habe er allerdings um die Umbenennung kämpfen müssen.

Mittlerweile zählt der Club etwa 50 Mitglieder. Wie beim Rixdorfer SV profitiert in Kreuzberg vor allem der Jugendbereich von der Umbenennung. Dogan: „Wir haben im Verein jetzt mehr Jugendliche anderer Nationalität als Türken.“ Griechen, Araber oder Deutsche spielen für den Club. Auch das Trainerteam ist international besetzt. „Die Umbenennung“, meint Dogan, „hätten wir schon vor zehn Jahren machen sollen.“ JÜRGEN SCHULZ

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