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Unsanfte Landung in der Wirklichkeit

ERNÜCHTERUNG Nach dem kümmerlichen 0:1 gegen den FC Augsburg wird klar, dass auch Trainer Bert van Marwijk ein limitiertes HSV-Team nicht über Nacht in die Erfolgsspur führen kann

„Es ist schwer zu sagen, was schiefgegangen ist, aber es war viel“

BERT VAN MARWIJK, HSV-TRAINER

Im Advent ist es Zeit, Zwischenbilanz zu ziehen in der Fußball-Bundesliga. Und nach dem Spiel des Hamburger SV gegen den FC Augsburg wurde es tatsächlich ein bisschen grundsätzlich: „20 Punkte bedeuten für uns einen sehr schönen Blick auf die Tabelle – nicht mehr und nicht weniger. So wie die Mannschaft zurzeit spielt, ist mir vor keinem Gegner Angst. Wir sind sehr geordnet und sehr fit.“ Der Mann, der das sagte, war allerdings nicht HSV-Trainer Bert van Marwijk, sondern sein Augsburger Gegenüber Markus Weinzierl.

Weil der von ihm neu in die Mannschaft genommene Raúl Bobadilla gegen eine verwirrte Hamburger Hintermannschaft prompt traf (18.), hatten seine Augsburger gerade drei Punkte in Hamburg geholt. Sie waren über das gesamte Spiel dem zweiten Tor näher gewesen als die Hamburger dem Ausgleich. Der lag eigentlich nur in der Luft, als nach 64 Minuten Marcell Jansen und Maximilian Beister innerhalb weniger Sekunden scheiterten. Ohne Spielgestalter Rafael van der Vaart, der wegen einer Fehlgeburt seiner Lebensgefährtin fehlte, mangelte es dem HSV an jeglicher Spielidee.

Bert van Marwijk wirkte regelrecht geschockt vom Auftritt seiner Elf. „Die größte Enttäuschung“ sei das Spiel für ihn, sagte er hinterher, als sei ihm erst jetzt richtig klar geworden, wo er beim HSV reingeraten ist. „Es ist schwer zu sagen, was schiefgegangen ist“, klagte er, „aber es war viel.“ Viel zu naiv seien seine Leute in die Zweikämpfe gegangen, hätten nicht antizipiert, sondern nur reagiert. „Und wenn man reagiert, ist man meistens zu spät.“ Auf die Frage, wie man daran etwas ändern könne, sinnierte der Coach: „Wenn das so einfach wäre, könnten ziemlich viele diesen Job machen.“

Kann der Niederländer, der Ende September kam, am Ende etwa doch keine Wunder vollbringen? Auch in dieser Frage ist es Zeit für eine Zwischenbilanz. Dass der HSV zumindest zu Hause gegen bescheidene Teams mit einer guten Organisation nicht überzeugen kann, scheint eine eingeschriebene Konstante zu sein, an der auch van Marwijk nicht viel ändern kann. Dennoch hat er mit Leihstürmer Pierre-Michel Lasogga im Sturmzentrum eine meist überzeugende Offensivformation gefunden, auch wenn der HSV statistisch nicht mehr Tore erzielt hat als unter Vorgänger Thorsten Fink. Nachweisbar ist dagegen, dass die viel gescholtene und verletzungsgeplagte Abwehr unter van Marwijk nur noch halb so viele Tore kassierte wie vorher.

Dennoch muss der HSV-Trainer vor dem nächsten Gegner, anders als Kollege Weinzierl, Angst haben: Es ist der FC Bayern, der gerade in Bremen mit 7:0 gewonnen hat. Die letzte Begegnung des HSV mit den Münchnern war mit derselben Tordifferenz geendet: 2:9.  JAN KAHLCKE

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