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„Wir kämpfen gegen ein diktatorisches Regime“

UKRAINE Der Oppositionspolitiker und Boxweltmeister Vitali Klitschko glaubt, dass die Krise friedlich gelöst werden kann. Die Regierung muss jedoch zurücktreten. Sollte sie erneut Gewalt gegen Demonstranten einsetzen, könnte die Situation außer Kontrolle geraten

Krisen-Diplomatie

■ In der Ukraine versuchen westliche Politiker eine gewaltsame Auflösung der Protestkundgebungen gegen Präsident Wiktor Janukowitsch zu verhindern. Während am Dienstag Tausende Demonstranten den Kiewer Unabhängigkeitsplatz besetzt hielten, um gegen die Abkehr von der EU zu protestieren, flog die US-Vizeaußenministerin Victoria Nuland in die ukrainische Hauptstadt. Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton wurde dort erwartet. In der Nacht zum Dienstag hatten Bereitschaftspolizisten Barrikaden beseitigt, die die Zufahrten zum Parlament, zum Präsidentenpalast und zu Ministerien blockierten. Es kam nicht zu Ausschreitungen. Janukowitsch erklärte, es gebe keine Alternative zur Wiederherstellung der Handelsbeziehungen zu Russland. (rtr)

INTERVIEW ANDREJ NESTERKO

taz: Herr Klitschko, werden Sie an dem runden Tisch teilnehmen, damit die Opposition und die Regierung gemeinsam einen Ausweg aus der Krise finden?

Vitali Klitschko: Ja, aber wenn wir uns mit der Regierung an einen Tisch setzen, dann zu unseren Bedingungen. Wir können zu einem Kompromiss kommen, aber das ist jetzt viel schwieriger geworden, nachdem friedliche Demonstranten ohne jeden Grund von Spezialeinheiten zusammengeschlagen wurden. Aus diesem Grund bleiben unsere Forderungen bestehen: die Freilassung aller ungesetzlich festgenommenen friedlichen Demonstranten. Diejenigen müssen bestraft werden, die den Befehl gegeben haben, die Demonstration gewaltsam aufzulösen. Und die Regierung muss die Verantwortung für die wirtschaftliche und politische Krise übernehmen, das heißt, sie muss zurücktreten.

Was, glauben Sie, werden die nächsten Schritte von Janukowitsch sein?

Ich hoffe, dass der gesunde Menschenverstand siegt und doch noch ein Kompromiss gefunden werden kann. Ich will nicht, dass wir in einem Polizeistaat leben und dass solche Fragen wie die Freiheit des Worts, der Demokratie und der Einhaltung der Menschenrechte mit dem Einsatz von Schlagstöcken beantwortet werden. Und ich glaube auch nicht, dass das die Ukrainer wollen. Genau aus diesem Grund gehen jetzt Hunderttausende Gleichgesinnte auf die Straße.

Viele Beobachter merken an, dass die Opposition zerstritten ist. Wir beurteilen Sie das?

Unser gemeinsames Hauptziel ist, den Weg für unsere Entwicklung zu wählen. Die Ukrainer wollen ein Teil Europas werden und auf demselben Weg voranschreiten, der schon viele Staaten in die Europäische Union geführt hat. Was die Uneinigkeit der Opposition angeht, so kommen wir alle aus verschiedenen Parteien. Wir haben natürlich unterschiedliche Ideologien und unterschiedliche Positionen. Doch jenseits aller Unterschiede einen uns zwei Dinge: Wir kämpfen gegen ein diktatorisches Regime, das man uns aufgezwungen hat. Und wir wollen in einem freien europäischen Land leben.

In den Medien werden Gerüchte verbreitet, Sie hätten sich mit Bundeskanzlerin Merkel getroffen, die Ihnen Unterstützung für die Präsidentschaftswahlen 2015 zugesagt hat.

„Wir wollen in einem freien europäischen Land leben“

Das sind doch alles nur Spekulationen. Ich habe mich nicht mit Angela Merkel getroffen und folglich mit ihr auch nicht darüber gesprochen. Aber ich weiß, dass sie und die CDU die Ereignisse in der Ukraine sehr genau beobachten. Was bei uns derzeit auf den Straßen passiert, das ist eine friedliche Demonstration und zeigt den Wunsch der Ukrainer, in einem normalen Land zu leben.

Was wird die Opposition tun, wenn die Staatsmacht doch wieder gewaltsam gegen die Demonstranten vorgeht?

Solche Gewaltszenarien sollten überhaupt nicht als eine mögliche Variante der weiteren Entwicklung erörtert werden. In diesem Fall könnte die Situation außer Kontrolle geraten und brandgefährlich werden. Die Empörung in der Gesellschaft ist extrem groß. Doch wir hoffen immer noch, dass sich die Fragen friedlich regeln lassen.

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