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Auf die Plätze, fertig, los!

BÄDER Wer nach der Preiserhöhung morgens billig schwimmen will, muss sich sputen

Stockdunkel, kurz vor sechs Uhr am Donnerstagmorgen an der Schwimmhalle. Der Parkplatz ist fast wie leergefegt, der Fahrradständer auch. Vor der Hallentür aber wartet schon ein halbes Dutzend Senioren jenseits der 60 darauf, dass um Punkt sechs die Tür aufgeht. Dies ist der erste Tag mit den neuen Schwimmbadtarifen.

Bisher galt: Wer zwischen sechs und acht morgens baden geht, spart sich nicht nur Kleinkindgebrüll und nervende Teenies, sondern auch Geld. Statt des Normalpreises von 4,50 Euro waren nur 2,80 Euro fällig, und das für zwei Stunden. Gleiches galt für die Zeit nach 20 Uhr.

Nach der als Tarifreform verbrämten Preiserhöhung ist damit Schluss. Früh- und Spätschwimmen geht zwar immer noch, aber jetzt für 3,50 Euro und nur noch 45 Minuten lang. Wer überzieht, muss 2 Euro nachzahlen, die Differenz zum neuen Vollpreis von 5,50 Euro. Mehr kostet es auch in einem privaten Bad wie der „Welle“ im noblen Zehlendorf nicht.

Der Frühtarif ist zwar immer noch besser als gar keine Ermäßigung, aber mit Nettigkeiten wie einem Plausch am Beckenrand ist es vorbei – wer jetzt noch auf seine Meter kommen will, muss sich sputen. Zwei Kilometer sollen es wie sonst auch werden. Soll sich ja auch lohnen, dieses frühe Aufstehen. Sonst kann man’s ja gleich lassen.

Die Uhr tickt

Die tickende Uhr im Kopf macht sich schon bemerkbar, bevor der erste Meter gekrault ist. Zwar steht im Kleingedruckten in der Preisliste, dass es für Duschen und Umziehen 20 Minuten extra gibt. Aber die sind ja auch ein schöner Puffer fürs Schwimmen. Also rein in Dusche, drei Sekunden drunter, raus. „Das war’s schon?“, kommentiert einer der Senioren. Recht hat er.

Die Bäderbetriebe wollen die Erhöhung ja als ein gestaffeltes Angebot präsentieren, mit einem sogenannten Ermäßigungstarif ebenfalls von 3,50 Euro zwischen 10 und 15 Uhr. Bloß: Wer hat da Zeit außer Elternzeitlern mit kleinen Kindern oder Prekären, die sich die Sache aber nicht leisten können? Also muss es weiter morgens sein.

Der erste Kilometer ist geschafft, aber schnell ist klar: Es wird knapp mit den 45 Minuten. Muss wohl mehr trainieren. Ha, Preiserhöhung als Trainingsanreiz, auch eine Perspektive.

Die zweiten tausend Meter sind auch irgendwann fertig. Die Senioren haben merklich ebenfalls die Uhr im Blick – sie sind schon raus aus dem Wasser. Einseifen, duschen, umziehen, fönen und raus aus der Schwimmhalle. 7:04 Uhr zeigt die Uhr am Ausgang, eine Minute mehr wär noch drin gewesen. Geklappt hat’s also – aber entspanntes Frühschwimmen sieht anders aus. STEFAN ALBERTI

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