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Jemens Präsident ändert seine Meinung

Ali Abdullah Saleh beugt sich dem „Willen des Volkes“ und tritt entgegen früheren Erklärungen bei den Wahlen im September nun doch wieder an. Vorausgegangen war eine monatelange inszenierte Kampagne von Ehrerbietung und Volkszorn

VON KLAUS HEYMACH UND SUSANNE SPORRER

Der jemenitische Präsident hätte Geschichte schreiben können. Bei der Wahl im September werde er nicht mehr antreten und nach fast drei Jahrzehnten freiwillig auf die Macht verzichten, hatte Ali Abdullah Saleh elf Monate lang immer wieder erklärt. Aber nun hat er es sich doch anders überlegt – nach einer Inszenierung von öffentlicher Ehrerbietung und Volkszorn, die zeigt, wie weit der Jemen von einer wahren Demokratie entfernt ist. Mit theatralischer Geste beugte sich Saleh am Wochenende „dem Willen des Volkes“.

Nach offiziellen Angaben waren es 1,5 Millionen Demonstranten aus dem ganzen Land, die den Präsidenten vor seiner Residenz in Sanaa drängten, die „Mission zu vollenden“, wie es auf vorbereiteten Schildern und Bannern hieß. Die Ministerien wurden geschlossen, die Beamten zum Demonstrieren geschickt. Als Anreiz wurden aufputschendes Qat und Getränke verteilt. Für Saleh-Fans aus der Provinz standen nach Geschlechtern getrennte riesige Zelte bereit, wie sie sonst bei Massenhochzeiten zum Einsatz kommen.

Fast alle gesellschaftlichen Kräfte hatten die Kandidatur zu einer nationalen Schicksalsfrage erklärt. Während bei den nachmittäglichen Qat-Sitzungen kaum einer daran zweifelte, dass Saleh auch die nächsten sieben Jahre noch Präsident sein wird, wurde in der Öffentlichkeit weiter gedroht und gebettelt. Geschäftsleute warnten, ihr Geld ins Ausland zu schaffen. Prediger in den Moscheen, die Zeitungen, Frauengruppen und Studenten appellierten an den Staatschef.

So zweifelt jetzt niemand daran, dass der 64-Jährige im September haushoch gewinnt. Die Opposition konnte sich noch nicht einmal auf einen gemeinsamen Gegenkandidaten einigen. Entsprechend groß ist die Enttäuschung bei Sozialisten und Islamisten: „Das war eine Farce, noch dazu schlecht gespielt“, klagt Mohammed Qahtan von der islamischen Islah-Partei.

Mit Demokratie habe das nichts zu tun, sagt der frühere sozialistische Regierungschef des Südjemen, Haider Abu Bakr al-Attas. Mit der Pro-Saleh-Kampagne habe die Regierung eine „Wahl vor der Wahl“ inszeniert.

Dabei galt der Jemen lange Zeit als Vorbild für Demokratisierung auf der arabischen Halbinsel. Die USA unterstützten das Land für seine Kooperation in ihrem Antiterrorkampf. Immerhin war es Saleh gelungen, den Jemen stabil zu halten, Nord und Süd zu vereinigen und einst verfeindete Clans in die Regierung einzubinden. Doch die Entwicklung des Landes kommt nicht voran: Die Hälfte der Jemeniten kann nicht lesen, fast ebenso viele leben in Armut, und die Geburtenrate ist hoch. Die Ölvorräte gehen zur Neige, das Grundwasser ist jetzt schon knapp.

Wie Saleh auf dieser Basis in den nächsten sieben Jahren seine „Mission vollenden“ will, bleibt also fraglich. Vielen sei gar nicht bewusst, dass ein Leben ohne Stromsperren und Korruption möglich sei, kommentiert die Wochenzeitung Yemen Times. So, wie sich viele auch ein Leben ohne Ali Abdullah Saleh nicht vorstellen könnten.

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