: Auf dem Weg zur Einheitsregierung
Überlegungen zur Gründung eines unabhängigen Staates: Kompromisspapier wird zur Regierungsrichtlinie
JERUSALEM taz ■ Innerhalb der kommenden zwei Wochen wollen sich die beiden palästinensischen Fraktionen Hamas und Fatah über die Bildung einer neuen Regierung einig werden. Basis der neuen Regierungsrichtlinien wird das Kompromisspapier in Israel inhaftierter Palästinenser aller Fraktionen sein, das die Gründung eines unabhängigen Staates auf den „gesamten 1967 besetzten Gebieten“ mit der Hauptstadt Jerusalem vorsieht. Gleichzeitig wird das Recht der Palästinenser festgehalten, „um die Befreiung ihres Landes und die Räumung der (jüdischen) Siedlungen“, gegen „Apartheid“ und die „Trennmauer“ zu kämpfen.
Das vor gut einem Monat veröffentlichte Gefangenendokument hatte den Konflikt der Bewegungen anfangs zusätzlich angestachelt, als Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die von der Hamas gestellten Regierung ultimativ zu einer Anerkennung aufforderte. Ohne Einigung hätte am 26. Juli ein Referendum abgehalten werden sollen. Umfragen zeigen, dass rund drei Viertel der Bevölkerung den Kompromiss der Häftlinge unterstützen.
Die Einigung kam vor dem Hintergrund der Eskalation mit Israel im Gaza-Streifen zustande, die wie ein Katalysator auf die Delegierten wirkte. Zudem brachte die Entführung des israelischen Soldaten die Palästinenser zusätzlich in die Defensive.
Mit der neuen politischen Agenda können die Palästinenser auf eine Wiederaufnahme der internationalen Unterstützung hoffen. Zwar hatte die Hamas auf eine Abänderung des Dokumentes gedrängt, um sich „die Option des Widerstandes gegen die Besatzung“ offen zu halten. Gleichzeitig hält das Dokument jedoch fest, dass der Kampf „auf die 1967 besetzten Gebiete konzentriert“ sein soll.
Sobald die neue Regierung gebildet ist, sind USA und Europa gefragt, ob mit dem Ende des Terrors auf israelischem Gebiet ihre Bedingung für einen Gewaltverzicht ausreichend erfüllt ist. Zumal die Hamas eine Anerkennung Israels vermeidet und nur die Bereitschaft zur Koexistenz impliziert.
Auch wenn Raum für Interpretation gesteckt ist, stehen die Fraktionen nun vor der im Gefangenenpapier unmissverständlich formulierten Aufgabe, „eine Nationale Einheitsregierung“ zu bilden. S. KNAUL
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