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Unternehmen boykottieren Über-55-Jährige

Die Arbeitslosigkeit in NRW sinkt leicht, aber ältere Arbeitnehmer haben am Arbeitsmarkt kaum Chancen, klagt die Arbeitsagentur. Arbeitsminister Laumann will sich um das Problem kümmern. Grüne: Wo ist der Rüttgers-Effekt?

DÜSSELDORF taz ■ Die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen haben massive Vorbehalte, ältere Bewerber einzustellen. „In der Regel fällt die Entscheidung zugunsten des Jüngeren“, bedauerte Christiane Schönefeld, die Chefin der NRW-Regionaldirektion der Arbeitsagentur. Nach den neusten Zahlen, die die Arbeitsagentur NRW gestern in Düsseldorf vorstellte, werden bei Stellenausschreibungen in neun von zehn Fällen Bewerber eingestellt, die jünger als 50 Jahre sind.

Befragungen zufolge sind zwar 58 Prozent der Betriebe bereit, auch Bewerber einzustellen, die schon die 55 überschritten haben. „Das spiegelt sich aber in der Realität nicht wider“, sagte Schönefeld. Und die übrigen 42 Prozent würden Ältere entweder gar nicht einstellen oder nur, wenn es zum Beispiel keine anderen Bewerber gibt.

Immerhin ist im Juni die Arbeitslosigkeit unter den Menschen zwischen 55 und 64 leicht – um 1,4 Prozent – zurückgegangen. Das entspricht jedoch der Lage aller Altersschichten: Insgesamt waren an Rhein und Ruhr im Juni 1,3 Prozent weniger arbeitslos gemeldet als im Mai. Damit liegt die Zahl der Arbeitslosen mit rund 1.023.000 Menschen noch über der Millionen-Marke. Der Rückgang sei zudem „mehr saisonal als konjunkturell bedingt“, sagte Schönefeld.

Allerdings ist die Beschäftigungsquote bei den 55- bis 64-Jährigen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Das sei aber auch auf mehr Altersteilzeit zurückzuführen, so die Arbeitsagentur.

Die schlechten Chancen von Älteren am Arbeitsmarkt wirken inzwischen auf das Verhalten der Arbeitslosen zurück: Bei 80 Prozent aller Stellenausschreibungen würden schon gar keine Bewerbungen Älterer mehr eingehen. Das zeige sich, dass sich ältere Arbeitslose ohnehin keine Chancen mehr ausrechnen, einen Job zu kriegen, sagte Schönefeld. Mittlerweile arbeiten von den älteren Menschen in NRW nur noch 40 Prozent. Damit ist das Land noch weit entfernt vom Ziel der Europäischen Beschäftigungsstrategie, bis 2010 50 Prozent der Älteren zu beschäftigen. Baden-Württemberg hat bereits 48,6 Prozent erreicht, der Schnitt der Bundesländer liegt bei 41,4.

Die Opposition im Düsseldorfer Landtag wertete die Zahlen als Schlappe für die Regierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). „Die neuesten Zahlen sind mehr als ernüchternd“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Sylvia Löhrmann. „Soll das der vielbeschriebene Rüttgers-Effekt sein?“, fragte sie. „Ein Durchbruch ist weit und breit nicht zu entdecken.“

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht sich hingegen durch die neuen Zahlen bestätigt: „Wenn fast 30.000 Menschen im Vergleich zum Juni des letzten Jahres weniger arbeitslos sind, ist der eingeschlagene politische Kurs richtig.“ Kritik übte er daran, dass ältere Arbeitnehmer wenig Chancen haben. „Dieser Jugendwahn muss aufhören. Wir können es uns weder volkswirtschaftlich noch arbeitsmarktpolitisch leisten, ein solch großes Potential an gut ausgebildeten älteren Menschen zu vergeuden.“ Er kündigte an, das Problem „mit Unterstützung der Sozialpartner“ angehen zu wollen. DIRK ECKERT

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