: Kurz mal Utopia
Aktion Mensch aus Bonn und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels loben einen Wettbewerb aus
Sowieso sah die Welt recht sonderbar aus: Metallisch glänzende Hochhäuser stachen in leicht rosafarbene Wölkchen. Autos fuhren nicht mehr, sie flogen und Menschen schwebten auf Aktenkoffern durch die Straßen. Und an jeder Ecke lauerten Roboter oder Außerirdische mit einem Silberblick noch krasser als der von Jean-Paul Sartre.
So stellten sich Kinder in den Achtzigerjahren das Jahr 2000 vor. Abgefahren. Anonym. Digital. Und wenn bei Malwettbewerben diese Vorstellung damals mal wieder abgefragt wurde, kamen meist ziemlich absurde Bilder heraus. Die schnöde, gleichsam erwartbare Erkenntnis heute, sechs Jahre post Millenium: Keilriemen reißen immer noch. Aktenkoffer sind längst out. Und Außerirdische gewinnen allenfalls den Eurovison Song Contest, halten sich sonst der Erde fern. Was die Bonner Sozialorganisation Aktion Mensch und den Börsenverein des Deutschen Buchhandels trotzdem nicht davon abhält, nun einen ähnlichen Wettbewerb ins Leben zu rufen. Es geht nicht um den Wechsel von einem Jahrtausend ins nächste, nicht ums Geschick am Pinsel, sondern um Gespür für Sprache. „Utopia – Die Gesellschaft von Morgen“ – unter diesem Motto werden Kurzgeschichten und Erzählungen erwartet, die, so die Vorgabe, „in der Gesellschaft von morgen spielen“. Also vielleicht im Jahre 2030. Oder später?
Wann die Geschichte spielt, ist den Autoren selbst überlassen. Ebenso, ob es sich um eine realistische Prognose handelt, oder um eine Utopie, die eher in der Sphäre eines Raumschiff Enterprise anzusiedeln ist. Wichtig ist aber der soziale Aspekt der Storys: Die Autoren sollen beschreiben, wie sie sich das Zusammenleben von In- und Ausländern, von Menschen mit und ohne Behinderungen sowie Angehörigen verschiedener Generationen vorstellen. Bleibt zu hoffen, dass kein Literat auf das schmale Brett kommt, künftig würden ältere Menschen von Robotern mit Sartre-Silberblick gepflegt. ROS
Einsendeschluss: 15. Oktober 2006 Infos: 0228-2092333
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
