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HARALD KELLERKELLER-FENSTERAnarchie, inkognito

Der Abenteuerfilm „Rebellion der Gehenkten“ stammt aus dem Jahr 1954, ist mexikanischer Herkunft und wurde, du liebe Güte, in Schwarzweiß gedreht. Da winken jene, die Schwarzweißfilme ungeachtet ihrer Inhalte schnöde verschmähen, nicht nur der späten Sendezeit wegen (1.10 Uhr in der Nacht zum Montag, MDR) müde ab. Dabei ist diese Geschichte im doppelten Sinne spannend.

Drehbuchautor war ein gewisser Hal Croves. Dahinter verbirgt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit B. Traven, lange Zeit nach Karl May der populärste Reiseschriftsteller deutscher Zunge, der sich zeitlebens hinter diversen Pseudonymen versteckte. Die Taktik reicht zurück bis in die 1910er Jahre, als ein gewisser Ret Marut in München die anarchistische Zeitschrift Der Ziegelbrenner verlegte und sich im Rahmen der Räterepublik politisch engagierte. Nach deren Zerschlagung verfolgt und vom Tode bedroht, verschwand Marut von der Bildfläche. Um, so eine unter anderem in Rolf Recknagels beeindruckend akribischer Biografie beförderte These, als B. Traven in Mexiko wieder aufzutauchen, wo er seine Erfahrungen als Flüchtling, Baumwollpflücker und seine Erlebnisse im Milieu sklavengleich gehaltener indigener Mahagoni-Holzfäller in Romane und Novellen umsetzte, die ihm internationalen Ruhm bescherten.

„Rebellion der Gehenkten“ wurde teils im Dschungel von Chiapas gedreht. Hal Croves war zugegen und nahm als angeblicher Beauftragter des Romanciers massiven Einfluss. Auf sein Betreiben wurde Regisseur Emilio Fernandez gegen Alfredo B. Crevenna ausgetauscht.

Die Resultate gaben Croves Recht – „Rebellion der Gehenkten“ war so erfolgreich, dass Produzent José Kohn weitere Adaptionen realisierte, darunter den Leinwandknüller „Das Totenschiff“. Das Leben des B. Traven aber gäbe selbst einen farbigen Filmstoff ab. Herr Breloer? Herr Hofmann? Sind Sie dabei?

Bis zur Rückkehr des „Wochenendkrimis“ Mitte August spürt die taz Raritäten im TV-Programm auf

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