: Autos, Geld und Dreckwasser
Eine private Abwasser-GmbH soll Unternehmen Steuern sparen helfen. Ihre Modalitäten aber sind seit vier Jahren strittig: Weil es um Grundsätzliches geht – und um Marktchancen von Hansewasser
von Armin Simon
Umweltsenator Ronald-Mike Neumeyer (CDU) hatte sich Schützenhilfe besorgt: Es sei ein „Unrechtstatbestand“, zitierte er gestern vor der Presse aus einem Beschwerdebrief des Bremer Daimler-Chrysler-Werks an Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), dass auf der Abwasserrechnung keine Umsatzsteuer ausgewiesen sei. Dies belaste „jeden in Bremen hergestellten PKW mit rund 1,00 Euro zusätzlichen Kosten“. Weswegen, so Neumeyer, der Senat am Dienstag endlich der bereits 2004 vom Umweltressort vorgeschlagenen Reform der Abwasser-Entsorgung zustimmen solle.
3,5 Millionen Euro, hat Neumeyer ausgerechnet, müssten Bremer Unternehmen jährlich weniger an den Bund überweisen, wenn nicht mehr die kommunalen Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB), sondern eine private Abwasser-GmbH die Rechnungen für die Dreckwasser-Entsorgung schriebe. Die nämlich würde „Entgelte“ statt „Gebühren“ kassieren und auf der Rechnung 16 Prozent der Summe als Umsatzsteuer ausweisen – die die Firmen wiederum mit den von ihnen selbst kassierten und sonst an den Staat abzuführenden Umsatzsteuereinnahmen verrechnen könnten. Ein „Standortvorteil“, so Neumeyer: „Wir wollen vermeidbare Steuerbelastungen vermeiden.“
Dem Ziel, auch bei der Abwasserrechnung den so genannten Vorsteuer-Abzug zu ermöglichen, hat die SPD im Prinzip zugestimmt. Neumeyers „Fonds-Modell“ (s. Kasten) jedoch lehnt sie weiterhin ab. Ihre Befürchtung: Gehe die Rechnungsstellung, für Privathaushalte wie für Firmen, komplett von der kommunalen BEB auf eine privatwirtschaftliche GmbH über, könnte das indirekt alle kommunalen Abwasser-Unternehmen bundesweit die ihnen bisher zugestandene Umsatzsteuerbefreiung kosten. Erst Anfang Juni habe der Deutsche Städtetag dafür gestimmt, die öffentliche Wasserwirtschaft zu stärken, um die Verbraucher zu schützen, erwiderte Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) den Vorstoß des CDU-Senators. „Es wäre völlig unverantwortlich, den Gemeinden nun in den Rücken zu fallen.“ Auf das von Rathaus und Finanzsenator favorisierte „Gestattungs-Modell“ (s. Kasten) wiederum will sich Neumeyer nicht einlassen. Es berge „erhebliche rechtliche Risiken“ und sei auch nicht zeitnah umsetzbar.
Für die Unternehmen, sagte Abwasser-Experte Ernst Mönnich von der Hochschule Bremen der taz, machten die beiden Modelle keinen Unterschied. Bei dem Streit gehe es vielmehr um „marktstrategische Gesichtspunkte der Hansewasser“. Die, so die Theorie, würde gerne auch anderswo antreten. Eine Umsatzsteuerpflicht für kommunale Wasserunternehmen würde diese schwächen. Und könnte für Hansewasser nur hilfreich sein.
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