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Das Geschäft mit dem Hut

In seiner 12. Auflage kehrt das international renommierte Bremer Straßenzirkusfestival „La Strada“ zurück zu seinen Wurzeln. Die mageren Gagen müssen sich die Künstler mit dem Hut aufbessern. Dass sie trotzdem gern kommen, liegt am kurzen Boom durch die Expo 2000

Mit zwei, vielleicht drei Gauklern hat alles angefangen, irgendwo in der Bremer Innenstadt. 1992 war das. „La Strada“ nannte sich damals noch nicht „Internationales Straßenzirkus Festival“, sondern war nicht viel mehr als ein gewöhnliches Sommerfest. Per Mundpropaganda holte man danach alljährlich Straßenkünstler nach Bremen, mietete einen Bus und tourte durch die Stadtteile. Drei Jahre später, die Bremen Marketing Gesellschaft hatte das Festival gerade für sich entdeckt, war La Strada dann schon „das größte Festival seiner Art in Norddeutschland“. Und heute, sagt Festivalleiterin Gabriele Koch stolz, gibt es in Deutschland keinen größeren Straßenzirkus als in Bremen. Es sei denn, im badischen Rastatt steigt gerade wieder einmal das „Tête à tête“.

Rund 100 Aufführungen an zehn Bühnenorten in der Bremer Innenstadt stehen bei der 12. Ausgabe von La Strada vom 17. bis zum 20. August auf dem Programm. 60 Künstler aus elf Nationen werden auftreten, Kanada und Nordirland sind dabei, Australien und Israel, Frankreich und Belgien. Neun Deutschland-Premieren hat das La Strada-Team an die Weser geholt.

Zugleich kehrt der Straßenzirkus dorthin zurück, wo er hingehört: auf die Straße. Die letzten Jahre hatte man sich in die Wallanlagen am Rande der Altstadt zurückgezogen, auf die grüne Wiese. Und noch eine Neuerung gibt es in diesem Jahr: La Strada geht nicht mehr einher mit dem so genannten „Viertelfest“, einem als Bier und Bratwursteinerlei verschrieenen Stadtfest mit angeschlossener Kultur. Das findet nun eine Woche später statt, vom 25. bis 27. August.

Ausschließlich „auf den Hut“ – so wie früher – spielen die Akrobaten und Artisten, Pantomimen und Tänzer nicht mehr. Und doch lebt diese alte Tradition noch immer fort – und funktioniert gerade in Bremen sehr gut, sagt Organisatorin Gabriele Koch. Warum? „Vielleicht kommt es den Hanseaten entgegen, dass man etwas sieht und dann entscheidet, was man dafür zahlt.“

Da kann man nur hoffen – denn La Strada muss auch in diesem Jahr wieder mit einem Budget von rund 90.000 Euro auskommen. Entsprechend gering fallen die Gagen aus. 2000 war das noch ein bisschen anders, denn damals flossen auf einmal Expo-Gelder: Mit einem Budget von rund 200.000 Euro konnte man seinerzeit zehn Tage lang Programm machen.

Von diesen Tagen zehrt La Strada noch immer. Denn das Jahr2000 brachte dem Festival einen Popularitätsschub, innerhalb wie außerhalb der Szene. „Wir haben mittlerweile die Stellung, unter den Künstlern international auswählen zu können“, sagt Koch. Und manch einer hat schon in Bremen zugesagt, obwohl er anderswo mehr Gage hätte verdienen können. Doch nicht überall läuft das Geschäft mit dem Hut so gut wie in Bremen. mnz

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