der wochenendkrimi: Abschiebeknast
„Tatort: Schattenspiele“ So., 20.15 Uhr, ARD
Hamburg, deine Knäste! Weil im Februar das Hightech-Gefängnis Billwerder fertiggestellt worden ist, konnte das „Tatort“-Team in der verlassenen Justizvollzugsanstalt Vierlande drehen. „Schattenspiele“ ist trotzdem ein Krimidrama geworden, das die Stimmung im sicherheitstechnisch hochgerüsteten Hamburg gut beschreibt.
Man hat sich ja immer gewundert, wie der NDR in den letzten Jahren all die tollen realpolitischen Vorlagen der örtlichen Skandalregierung samt ihrer Schills und Kuschs als Filmstoff konsequent ignorierte. Die aktuelle Folge spiegelt nun immerhin atmosphärisch den Sicherheitswahn des hanseatischen Stadtstaates wider, der mit seiner seiner rigiden Menschenverwahrung auch bundespolitisch für zweifelhafte Furore sorgt.
Auslöser für das leicht verworrene Täterrätsel (Buch: Christoph Silber, Thorsten Wettke) ist der Giftmord an einem Kenianer, der im Gefängnis auf seine Abschiebung wartet. Regisseurin Claudia Garde nutzt den Fall nun, um Hamburgs Kommissar-Duo Casstorff (Robert Atzorn) und Holicek (Tilo Prückner) ausgiebig mit den Hamburger Strafvollzugs- und Ausweisungspraktiken zu konfrontieren. Moralische Fragwürdigkeiten, wo sie auftauchen. So liefert ein Pharmakonzern der JVA noch nicht zugelassene Medikamente, und ein in Hamburg aufgewachsener dunkelhäutiger Mensch soll nur deshalb abgeschoben werden, weil er Marihuana gepflanzt hat.
Garde inszeniert mit sicherem Gespür für die Klaustrophobie und den Fatalismus in den Menschenverwahrungsanstalten. Ein engagierter Krimi, dessen Fazit so schlicht wie erschreckend ist: Lebend kommt da keiner raus.
CHRISTIAN BUSS
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