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Kampf gegen Nazis mit Gottes Segen

Ein Pfarrer im bayerischen Städtchen Miltenberg ließ vermutlich aus Protest gegen eine NPD-Demo die Kirchenglocken läuten und hat nun ein Verfahren wegen Ruhestörung am Hals. Der ermittelnde Staatsanwalt entdeckt das Störpotenzial von Glocken

AUS MÜNCHEN MAX HÄGLER

Es ist eine Geschichte, ein wenig wie die von Don Camillo und Pepone – aber die bayerische Variante ist jetzt beim Staatsanwalt gelandet. Am Mittag des 22. Juli trafen sich am Marktplatz des kleinen nordbayerischen Städtchen Miltenberg ein paar Dutzend Anhänger des NPD-Jugendverbandes Junge Nationaldemokraten, um gegen „Kapitalismus und Globalisierung“ zu demonstrieren. Anlass genug für Ulrich Boom, den katholischen Pfarrer der nahe gelegenen Gemeinde Sankt Jacobus, zum Gebet zu rufen. Zwanzig Minuten lang ließ er alle sechs Kirchenglocken läuten, die jede Unterhaltung oder gar Demonstration auf dem Marktplatz unmöglich machten. Entnervt zogen daraufhin die jungen Rechten von dannen.

Ob Booms brave Gemeindeschäfchen einen Segen zu dieser ungewöhnlichen Kirchenstunde bekommen haben, ist nicht genau überliefert. Behördlich bestätigt ist allerdings eine Anzeige, die sich der Pfarrer mit seinem Geläut eingefangen hat. „Die Rechtsabteilung der NPD mit Sitz in Berlin hat Anzeige erstattet unter anderem wegen mutwilliger Lärmbelästigung“, bestätigte Ernst Wich-Knoten, leitender Staatsanwalt im nahe gelegenen Aschaffenburg gegenüber der taz. Einen konkreten Straftatbestand hätten die Rechten nicht genannt. Bei der pflichtgemäßen Prüfung der Anzeige auf Schlüssigkeit habe man festgestellt, dass das Gesetz unter der Überschrift „Versammlungssprengung“ einen Paragrafen bereithält, der ein Kirchengeläut zur Straftat werden lassen könnte. „Man kann Glockenschlägen nicht von vornherein die Eignung zu einer solchen Störung absprechen“, erklärt Wich-Knoten. Und entschuldigt sich sogleich. „Als Staatsanwalt muss ich dann Ermittlungen aufnehmen, auch wenn es den meisten wohl nicht so recht schmeckt.“

In Miltenberg selbst steht man hinter Pfarrer Boom. Wer den Marktplatz als Versammlungsort wähle, müsse jederzeit mit Glockengeläut rechnen. Und überhaupt habe die NPD nichts in dem Städtchen verloren, so CSU-Bürgermeister Joachim Bieber.

Der 58-jährige Kirchenmann wollte mit Verweis auf das laufende Verfahren den Vorgang nicht kommentieren. „Das ist ein verdienter Mann und erfahrener Seelsorger“, erklärte dafür der Würzburger Diözesan-Sprecher Bernhard Schweßinger der taz. „Er wird seine Gründe gehabt haben, wieso er zum Gebet gerufen hat.“ Falls es zu einer Anklage kommt, wird die Diözese, so hat sie es versprochen, selbstverständlich für einen qualifizierten Rechtsbeistand sorgen.

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