: Irland: Verdoppelung in 30 Jahren
DUBLIN taz | Es klingt wie eine Erfolgsgeschichte: Von den 55- bis 64-jährigen Irinnen und Iren haben nur knapp 20 Prozent eine Hochschule besucht, 30 Jahre später haben 45 Prozent der 25- bis 34-Jährigen einen Hochschulabschluss. Irland hat sich damit vom Mittelfeld auf den siebten Platz hochgearbeitet, noch vor den USA.
Der Wendepunkt im irischen Bildungswesen kam 1966, als Donogh O’Malley Bildungsminister wurde. Sofort nach seinem Amtsantritt setzte er im Alleingang die Empfehlungen aus einem Bericht um, der auf OECD-Daten basierte. Er kündigte öffentlich an, dass ab 1969 keine Gebühren mehr für Grund- und Oberschulen erhoben würden. Darüber hinaus stellte O’Malley kostenlose Schulbusse für Kinder auf dem Land sowie Universitätsstipendien für Studenten aus ärmeren Familien zur Verfügung.
Reform im Alleingang
Er hatte seine Reform mit keinem seiner Kabinettskollegen abgestimmt, schon gar nicht mit dem Finanzminister, der sie mit Sicherheit verhindert hätte. Da O’Malley aber an die Öffentlichkeit gegangen war, konnte die Regierung nicht mehr zurückrudern. O’Malley war einer der populärsten irischen Politiker, trotz seiner Trunksucht, die zu seinem Tod führte: Er starb 1968 im Alter von 47 Jahren und erlebte die Umsetzung seiner Reformen nicht mehr. 1995 wurden auch die Studiengebühren abgeschafft, was zu einem Anstieg der Studentenzahlen führte.
Irlands Erfolg auf dem Bildungssektor ist jedoch in Gefahr. Bei den Investitionen in diesen Bereich im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Grüne Insel laut der neuen OECD-Studie zurückgefallen. Sie lässt sich Bildung nur noch 4,7 Prozent des Inlandsprodukts kosten. Lediglich Tschechien, Italien und die Slowakei geben weniger aus. Zwar steckt Irland im Vergleich zu 1995 das Doppelte in den Bildungsbereich, weil aber das BIP im gleichen Zeitraum um mehr als das Doppelte anstieg, sank der Prozentsatz.
Darüber hinaus gibt es Kritik an der Struktur der Studienzulassung. Elaine Byrne, Dozentin am Trinity College Dublin, kritisiert, dass das irische System Studenten belohnt, die „lernen, statt zu verstehen“. Die Jagd nach Punkten beim Abitur, die über die Zulassung entscheiden, habe dafür gesorgt, dass ein rein prüfungsorientierter Unterricht den kreativen Forschungsdrang der Schüler unterbunden habe. Wenn die Schüler dann auf die Universität kommen, benötige man mindestens ein Jahr, um sie zu „neu zu programmieren“ und ihnen beizubringen, selbstständig zu denken, moniert Byrne. RALF SOTSCHECK
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