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Ver.di: Niedriglohnsektor in Deutschland wächst

Neben den Gebäudereinigern sind noch weitere Branchen von Lohndumping betroffen. Nach OECD-Richtlinien arbeiten 6 Millionen für lau

Berlin taz ■ Wenn mit der Erweiterung des Entsendegesetzes auf die Gebäudereinigung eine Reinigungskraft einen Mindestlohn von 6,36 Euro im Osten und 7,87 Euro im Westen bekommt, können viele Arbeiter aus anderen Branchen nur staunen – und hoffen. In Deutschland arbeiten 2,6 Millionen Beschäftigte zu Niedriglöhnen, die weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens ausmachen. Wenn man die Niedriglohnschwelle bei zwei Dritteln des mittleren Einkommens ansetzt, sind es sogar rund 6 Millionen Menschen, die zu Niedriglöhnen arbeiten.

Und der Niedriglohnsektor wächst nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di in Deutschland schneller als in den meisten europäischen Ländern.

Jetzt wird spekuliert, auf welche Branchen das Entsendegesetz noch ausgeweitet werden könnte und müsste. Karen Jährling vom Institut für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen sagte der taz: „Es gibt im Dienstleistungsbereich viele Tätigkeiten, die als Mindestlohntätigkeiten gesehen werden müssen“. Niedriglöhne gebe es vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe und im Einzelhandel überproportional. „Diese Branchen sind sehr beschäftigungsintensiv“, sagt sie, deshalb komme eine geringe Vergütung dort häufig vor.

Zu den Branchen mit geringer Vergütung zählt auch der Sicherheitssektor, in dem im Dezember vergangenen Jahres 424.308 Arbeiter beschäftigt waren. 4,33 Euro Stundenlohn bekommt ein Brandenburger Wachmann mindestens, wenn sein Arbeitgeber sich an Tarifverträge gebunden hat. Das sind bei einer Vierzigstundenwoche 770 Euro im Monat. In Hamburg bekommt er 6,10 Euro, weil die Löhne auch in dieser Branche im Westen höher liegen.

Auch Friseure gehören zu den Geringverdienenden. Die Vergütung, die in den tarifgebundenen Betrieben nicht unterschritten werden darf, beträgt in Brandenburg nur 2,75 Euro pro Stunde und damit 494 Euro im Monat, in Bremen liegt sie bei 6,28 Euro. Besonderen Bedarf für einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn sieht Ver.di-Sprecherin Gabriele Sterkel bei Friseuren und im Sicherheitsdienst, aber auch bei Arzthelferinnen und in Callcentern. Von den Niedriglöhnen sieht sie vor allem Frauen und Teilzeitbeschäftigte betroffen.

Ver.di fordert gesetzliche Mindestlöhne von zunächst 7,50 Euro flächendeckend und branchenübergreifend. Mit einem Mindestlohn von 7,50 Euro würde sich Deutschland damit im europäischen Vergleich etwa im Mittelfeld befinden. Die Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Gebäudereinigung habe man sich bei Ver.di, meint Sterkel, „so nicht gewünscht“. Sie sei aber „immerhin ein Schritt in die richtige Richtung“.

Die Arbeitgeber fordern in einem Schreiben des Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt, dass die Ausweitung des Entsendegesetzes eine Ausnahme bleibt, „damit nicht durch die Hintertür des Entsendegesetzes ein System gesetzlicher Mindestlöhne etabliert wird“. Das ist aber genau das, was die Arbeitnehmer hoffen. SOPHIE HAARHAUS

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