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Sprung über die Elbe

SONGWRITER-FESTIVAL Rock für die „Rentnerstadt“: Zum dritten Mal lädt das Hamburger Label Tapete Records zum „Hanse Song Festival“ in Stade

Das Negativ-Image einer „Rentnerstadt“ drohe Stade, haben BWL-Studenten die Wirtschaftsförderung der Stadt vor Kurzem in einer Studie gewarnt. Unzufrieden seien vor allem Jüngere über die fehlende Vielfalt im Kulturleben und ein unzureichendes Angebot in Sachen Bars und Co. Viel eingefallen ist dem betriebswirtschaftlichen Nachwuchs dann aber nicht: Ein paar Image-Kampagnen („Stade liebt das Wasser“), eine „Stade-App“ und einen Facebook-Auftritt haben sie empfohlen.

Und so hat nicht nur die Morgenpost aus der großen Hansestadt auf der anderen Elbseite „ja schon ein kleines bisschen schmunzeln“ müssen über das erste „Hanse Song Festival“ vor zwei Jahren: „Ein Rockfestival? In Stade?!“ Umso größer ist die Freude bei der Stade Tourismus GmbH, dass der „Mix aus ruhiger Songwritermusik, den ungewöhnlichen Spielstätten und der pittoresken Stader Altstadt (…) bei den Leuten bestens angekommen“ ist und „auf Anhieb ausverkauft“ war, so der – nicht zufällig in der großen Hansestadt auf der anderen Elbseite ansässige – Veranstalter Tapete Records.

Denn Letzterer – genug des süffisanten Tons – hat da tatsächlich hochkarätige VertreterInnen moderner Singer-Songwriter-Kunst aufgeboten. Am heutigen Samstag geht das Festival in die dritte Runde. Und es ist mit dem Erfolg auch in Sachen Line-up und Spielorte noch einmal gewachsen: Erstmals erklingt Musik nicht nur im Königmarcksaal im Rathaus oder der St.-Wilhadi-Kirche, sondern auch im ehrwürdigen Sitzungssaal des Landgerichts.

Hochkarätig besetzt ist das Hanse Song Festival auch diesmal: Den Auftakt macht der Österreicher Oliver Welter, mit seiner Band Naked Lunch eigentlich dem angelärmten Indie-Pop zugetan, mit einer Reduktion seiner Songs auf die melancholische Essenz. Am anderen stilistischen Ende des Spektrums stehen die Soft Hills, eine Psychedelic-Rock-Band aus Seattle, die in letzter Zeit die Folk-Texturen früherer Alben zugunsten verhallter Gitarren und schwerer Orgel-Sounds vernachlässigt hat, ohne dabei auf erlesenen Harmoniegesang im Geiste der Byrds zu verzichten.

Zwischen diesen beiden Künstlern findet sich der an Townes Van Zandt geschulte Northern Blues von Christian Kjellvander ebenso wie Ex-Selig-Sänger Jan Plewka, der mit Marco Schmedtje neben eigenen Erfolgen auch Songs von Rio Reiser und Simon & Garfunkel aufführen wird; die Indie-Rocker Fotos und die vor zehn Jahren nach Berlin übergesiedelte Australierin Kat Frankie, deren Musik irgendwo zwischen Folk und eigenwilligen Pop-Diven wie Fiona Apple und PJ Harvey angesiedelt ist. ASL/MATT

■ Sa, 15. 3., 17 Uhr, Stade, diverse Orte; www.hansesongfestival.de

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