: Kredit wackelt nach Lizenzverlust
Bank macht Finanzierung für das umstrittene Ölprojekt Sachalin II von umweltrechtlicher Betriebserlaubnis abhängig
BERLIN taz ■ Der Entzug der umweltrechtlichen Genehmigung für das ostsibirische Öl- und Gasprojekt Sachalin II könnte Auswirkungen auf die Realisierbarkeit des 22 Milliarden US-Dollar teuren Projektes haben. „Ohne diese Genehmigung wird es keine Finanzierung durch unsere Bank geben“, sagte Tony Williams von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) gestern der taz. Am Montag hatten die russischen Behörden die Betriebserlaubnis wegen Verstößen gegen russische Umweltgesetze zurückgezogen.
Noch in diesem Monat werde die EBRD entscheiden, ob sie sich mit einem Kredit über 400 Millionen US-Dollar an dem Riesenprojekt beteilige, sagte Williams. Der Einstieg der EBRD ist umstritten, weil er das Projekt als ökologisch akzeptabel auszeichnen würde. Er gilt als Türöffner für Kredite anderer Großbanken.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die Bank die Prüfung des Kreditantrages wegen Umweltbedenken abgelehnt. Erst nachdem der federführende Energiekonzern Shell die Dokumentation nachgebessert hatte, nahm die EBRD die Begutachtung wieder auf. Sie dauert bis heute an.
Umweltschützer kritisieren die Umweltschäden, die der Bau von zwei Plattformen vor der Insel Sachalin mit jeweils 800 Kilometer langen Pipelines sowie einer riesigen Gasverflüssigungsanlage verursacht. Das Projekt ist bereits zu 75 Prozent fertiggestellt. „Die Verlegung der Pipelines hat viele Laichgebiete von Lachsen beschädigt“, sagt Doug Norlen von der Umweltschutzorganistation Pacific Environment. Lachse bilden die Lebensgrundlage für 30 Prozent der Bevölkerung auf Sachalin. Auch das Futterverhalten der letzten 100 westpazifischen Grauwale habe sich bereits verändert.
Shell bezeichnete den Entzug der Lizenz als grundlos. Der Konzern warnte die russischen Behörden, die Entscheidung würde das Projekt verzögern und die Kosten weiter in die Höhe treiben. Auch die EU-Kommission und Japan kritisierten Moskaus Vorgehen gegen Shell. Sie verwiesen auf internationale Vereinbarungen in Energiefragen und forderten eine nachvollziehbare Begründung. Analysten vermuten, dass der russische Staat Druck auf Shell ausüben will, nachdem Gespräche über den Einstieg des russischen Energieriesen Gazprom gescheitert waren. Gazprom strebt einen Anteil von 25 Prozent an Sachalin II an.TARIK AHMIA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen