: Ussama Bin Laden: tot oder lebendig
Saudi-Arabiens Nachrichtendienste gehen offenbar davon aus, dass Al-Qaida-Gründer Ussama Bin Laden im August an Typhus gestorben sei. Belegen kann die Meldung niemand – und Dementis gibt es auch nicht. Es ist nicht die erste Todesnachricht
AUS PARIS RUDOLf BALMER
Ausgehend von einer französischen Regionalzeitung ist am Wochenende – wieder einmal – die Nachricht um die Welt gegangen, Ussama Bin Laden, Gründer des Terrornetzwerks al-Qaida, sei tot. Eine Bestätigung für diese Nachricht, die auf geheimdienstliche Informationen aus Saudi-Arabien zurückgeht, gab es bisher weder aus Paris, noch aus Washington noch aus Islamabad.
Über eine undichte Stelle beim französischen Geheimdienst war die Meldung vom Ableben Bin Ladens aus saudi-arabischen Nachrichtendienstquellen bei der französischen Regionalzeitung L'Est Républicain gelandet, die am Wochenende damit Schlagzeilen machte. In der als Kopie abgebildeten Note erklärt die für den Auslandsnachrichtendienst zuständige Direction générale de la sécurité extérieure (DGSE), der saudi-arabische Geheimdienst habe „die Gewissheit, dass Ussama Bin Laden tot ist“. Er sei am 23. August irgendwo in Pakistan an einer schweren Form von Typhus erkrankt, die zu einer Lähmung der Beine geführt und schließlich seinen Tod verursacht habe. „Die durch seine permanente Flucht bedingte geografische Isolierung machte jede ärztliche Hilfe unmöglich.“ Der saudi-arabische Geheimdienst warte jetzt noch auf weitere Details, namentlich „auf Hinweise zum genauen Ort seiner Bestattung, bevor er die Nachricht offiziell ankündigt“.
Verifizieren lässt sich zunächst nichts. Es sei denn, al-Qaida würde selbst mitteilen, dass ihr Gründer gestorben ist. Entsprechend abwartend und vorsichtig äußerten sich diverse westliche Geheimdienst- und Regierungsstellen. Weder die Sprecher des Weißen Hauses oder der CIA, noch Vertreter der Regierungen von Pakistan oder Afghanistan sahen sich zu Kommentaren in der Lage. Auch die saudi-arabischen Behörden, die über den Mangel an Diskretion ihrer französischen Partner ziemlich aufgebracht sein müssen, wollten nicht Stellung nehmen. Alles sei „reine Spekulation“, so die saudi-arabische Botschaft am Samstag in Washington. Inzwischen erklärte aber auch das US-Magazin Time, wahrscheinlich gestützt auf dieselben Quellen, es gebe „glaubwürdige Berichte“, wonach Bin Laden durch verseuchtes Wasser erkrankt sei, im Sterben liege oder möglicherweise bereits verstorben sei.
Sicher ist bisher nur, dass dieses interne und als vertraulich klassifizierte Papier der DGSE vom 21. September authentisch ist. Die Nachricht wurde bei der DGSE für ausreichend glaubwürdig eingestuft, dass man es auf dem Dienstweg an Staatspräsident Jacques Chirac, an Premierminister Dominique de Villepin, an Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie und Innenminister Nicolas Sarkozy zur Kenntnisnahme weiterleitete.
Dem französischen Staatspräsidenten, der am Samstag in Compiègne an der Pressekonferenz zum Dreiergipfel mit Angela Merkel und Wladimir Putin auf die Titelstory der Zeitung L'Est Républicain angesprochen wurde, war die Sache sichtlich peinlich. Er sei „ein wenig überrascht, dass eine vertrauliche DGSE-Note veröffentlicht wurde“. Das Verteidigungsministerium, dem die DGSE unterstellt ist, hat bereits eine Untersuchung eingeleitet, um die undichte Stelle ausfindig zu machen. Der Tageszeitung (Auflage von 480.000 Exemplaren), die vor allem im ostfranzösischen Lothringen gelesen wird, drohen Sanktionen wegen der vorsätzlichen Verletzung der militärischen Geheimhaltung.
Es ist freilich nicht das erste Mal, dass seit den Attentaten des 11. September 2001 Gerüchte über Bin Ladens Tod zirkulieren. Schon 2002 hatte Pakistans Präsident Pervez Musharraf behauptet, Bin Laden sei einem Nierenleiden erlegen.
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