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Lieber tot als tarifgebunden

ARBEITSKAMPF Um die Tarifbindung beim Baggerhersteller Atlas wieder herzustellen, bereitet die IG Metall Oldenburg einen Streik vor. Das Unternehmen wollte Beschäftigte zu neuen Verträgen abnötigen

„Die Beschäftigten sind massiv unter Druck gesetzt worden“

Hartmut Tammer-Henke, IG Metall

Der „Atlas Maschinen GmbH“ mit Werken in Delmenhorst, Ganderkesee und Vechta droht ein Arbeitskampf. Die IG Metall will damit erzwingen, dass die Tarifbindung des Betriebs wiederhergestellt wird. Das hat der Vorstand der Gewerkschaft in Frankfurt beschlossen. „Die schon gebildeten betrieblichen Streikleitungen werden alles notwendige zur Durchführung der Urabstimmung und damit für einen unbefristeten Streik umsetzten“, sagt der Geschäftsführer der IG Metall Oldenburg, Hartmut Tammen-Henke.

Mit dem Arbeitskampf würde eine mehrjährige Entwicklung bei dem Bagger- und Kran-Hersteller einen neuen Höhepunkt erreichen. Der US-Baukonzern Terex hatte das traditionsreiche Unternehmen Ende der 90er Jahre aufgekauft und dann an den bulgarischen Unternehmer und Terex-Manager Fil Filipov weiterveräußert. Der hatte dann den Betrieb „saniert“ und an Terex zurückverkauft.

Seit Anfang Februar dieses Jahres führt Filipov mit 650 Beschäftigten wieder die Regie in den drei Werken, die er formal erneut gekauft hat. „Wir hatten mit Terex einen Tarifvertrag, der bei dem Betriebsübergang für die Beschäftigten individuell ein Jahr Nachwirkung hat“, sagt Tammen-Henke. An den Arbeitsbedingungen dürfe demnach nichts geändert werden.

Die Beschäftigten seien dennoch „massiv unter Druck“ gesetzt worden, neue Arbeitsverträge zu unterschreiben. Statt der 35-Stundenwoche sollten ohne Lohnausgleich 40 Stunden gearbeitet werden. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sollte ganz entfallen. „Der Großteil hat nicht unterschrieben“, sagt Tammen-Henke, „das hat uns auf den Plan gerufen.“ Die IG Metall sei von ihren Mitgliedern aufgefordert worden „eine Tarifbewegung herzustellen“, damit die Beschäftigten wieder den „Schutz eines Tarifvertrages bekommen“.

Bei 80 Prozent Organisationsgrad sieht die IG Metall gute Chancen auf einen erfolgreichen Ausgang des Arbeitskampfes, obwohl Filipov als harte Nuss gilt. In einem offenen Brief an die Belegschaft hat er geschrieben, die Forderung nach einem Tarifvertrag sei ein „Angriff auf meine Intelligenz“.

Falls er im Anfall geistiger Umnachtung doch einen Tarifvertrag unterschreibe, habe er seine Frau aufgefordert, ihn „zu erschießen“. Der Streik wird voraussichtlich schon kommende Woche beginnen. KAI VON APPEN

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