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Blockade gescheitert

WOHNEN Eine fünfköpfige Familie muss ihre Wohnung räumen. Der Familienvater soll eine benachbarte Wirtin bedroht haben

„That’s like in Russia“, sagt eine junge Engländerin vor dem Wohnhaus Reichenberger Straße 73. Kurz darauf bricht Unruhe aus, sie flüchtet. Die Polizei ergreift plötzlich mehrere junge Leute, die gegen die Zwangsräumung der Familie A. demonstrieren. Zwei Stunden zuvor, gegen 9 Uhr morgens, hatten rund 30 Protestierer den Eingang blockiert – und die Räumung vorerst verhindert.

Doch der Erfolg der Blockade, die von den Initiativen Zwangsräumung verhindern und Kotti und Co. unterstützt wurde, bleibt von kurzer Dauer: Das etwa 60 Mann starke Polizeiaufgebot gelangt schließlich über das Nachbarhaus in die Wohnung und führt deren Bewohner auf die Straße. Ihre Vermieter hatten ihnen die Wohnung fristlos gekündigt: Ibrahim A., Vater von drei Kindern, soll die Besitzer des im Erdgeschoss ansässigen italienischen Restaurants erpresst haben: „Ab 22 Uhr ist Ruhe oder du zahlst“, schildert die Restaurantbesitzern die Drohung.

Versuchte Erpressung

Das Amtsgericht hatte kurz vor Weihnachten geurteilt, dass der Tatbestand der versuchten Erpressung erfüllt und der Hausfrieden nachhaltig bedroht war. Den Räumungstermin wollte die Familie nicht akzeptieren, sie wollte erst zum Monatswechsel freiwillig ausziehen.

Eine neue Wohnung hat die Familie A. bereits gefunden. Sie wohnen nun mit ihren drei Kindern in der Nähe des Tempelhofer Feldes. Trotzdem haben sie gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt.

Sahra Walther von Zwangsräumung verhindern sagt nach der Räumung, die Initiativen müssten sich besser vernetzen. Den Anfang soll die Konferenz „Berliner Ratschlag“ vom 4. bis 6. April in der TU machen.

SASCHA FRISCHMUTH

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