US-NAHOSTPOLITIK: DEMOKRATIE EGAL, NUR BÜNDNIS MIT BUSH ZÄHLT: Rice versteht nichts mehr
Erst wollte Washington einen „Großen“, dann einen „Neuen“ Nahen Osten aufbauen. Jetzt dort unterwegs, muss die US-Außenministerin Condoleezza Rice kürzertreten: Sie wolle ein Netzwerk mit den moderaten Kräften in der Region aufbauen, lautet jetzt ihre Devise. Diese moderaten Kräfte sind Saudi-Arabien und die anderen Golfstaaten, Ägypten, Jordanien und die Fatah-Bewegung des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas.
Die „Moderaten“ sollen gegen die „Extremen“ eingebunden werden, die alle gestärkt aus dem Libanonkrieg hervorgegangen sind: Iran, Syrien, die Hamas in Palästina und die Hisbollah im Libanon. Wer dabei als „extrem“ oder „moderat“ wegkommt, hat nichts mehr mit dem Reformwillen der Regimes zu tun, sondern nur noch damit, wer für oder gegen die US-Interessen agiert. Obwohl es ursprünglich hieß, man wolle die Region demokratisieren, vollzieht Rice nun die Rückkehr zur alten US-Nahostpolitik: Stabilität und Bündniswille sind wichtiger als interne politische Veränderungen.
Doch selbst die „moderaten“ arabischen Staaten – darunter absolutistische Königreiche und Scheichtümer sowie die Scheindemokratie in Ägypten – wollen sich nicht einbinden lassen. Sie forderten bereits, dass sich die US-Regierung endlich, wie einst versprochen, für eine Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen Konflikt einsetzt. Palästina bleibt für sie der Hauptgrund von Terror und Gewalt, die auch sie selbst bedrohen. Rice sieht hingegen als Hauptproblem den Iran, wohl auch in der Hoffnung, auf arabischer Seite auf gleichgelagerte Interessen zu stoßen.
Tatsächlich blicken auch die Herrscher am Golf, in Kairo und Amman besorgt auf ein iranisches Atomprogramm. Sie nehmen außerdem die wachsende Popularität des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und des Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah in der arabischen Welt eifersüchtig zur Kenntnis. Aber sie fürchten auch, dass ein Angriff der USA auf den Iran zu Unruhen in den eigenen Ländern führt. So gibt es nach den Gesprächen mit Rice keine gemeinsame Erklärung oder Aktion. Das moderate arabische Fazit lässt sich zusammenfassen mit: freundliche Gespräche, aber vollkommen unproduktiv. KARIM EL-GAWHARY
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