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Rechts und wasserdicht

Belgiens rechtsextreme Partei „Vlaams Belang“ steht kurz vor einem historischen Wahlsieg in Antwerpen, größter Stadt des flämischen Teils

AUS ANTWERPENCLARA ROSENBACH

Tom Barman kommt gerne nach Hause. Der Sänger der flämischen Band Deus, die gerade von einer Welttournee zurückgekommen ist, fühlt sich wohl in seiner Heimatstadt Antwerpen. „Antwerpen ist eine paradoxe Stadt“, sagt Barman. „Einerseits haben wir die Rechtsextremen, andererseits gibt es hier eine sehr lebendige künstlerische Avantgarde.“ Barman hat gemeinsam mit anderen belgischen Künstlern vier Gratiskonzerte gegen Rassismus auf die Beine gestellt, in Brüssel, Gent, Charleroi und eben Antwerpen.

In Antwerpen kamen 40.000 Menschen. „Das war eine ganz klare Botschaft gegen den Vlaams Belang“, sagt Barman. Die rechtsextreme Partei von Filip Dewinter kommt in jüngsten Umfragen auf knapp 40 Prozent der Wählerstimmen. Das bedeutet: Bei den Kommunalwahlen am kommenden Sonntag könnte Dewinter erstmals Bürgermeister der zweitgrößten belgischen Stadt werden. Er kann zusätzlich zu den Vlaams-Belang-Stimmen noch auf die Prozente von „Vlott“ zählen. Vlott ist eine neue Partei eines ehemaligen liberalen Stadtverordneten, der sich öffentlich für eine Allianz mit den Rechten einsetzt.

„Das ist ein absolutes Novum in der Geschichte des Vlaams Belang“, sagt der Lütticher Politikwissenschaftler Jerôme Jamain. Bisher hatten sich die traditionellen Parteien nämlich zum sogenannten Cordon sanitaire zusammengeschlossen. Dieses Abkommen verbietet jede Zusammenarbeit mit Dewinter. In Antwerpen regieren deshalb alle anderen Parteien, also Sozialdemokraten, Grüne, Christdemokraten und Liberale, gemeinsam „gegen“ den Vlaams Belang, der als eigentlich stärkste Partei in der Opposition sitzt.

Das will Filip Dewinter nun endgültig ändern, und die Chancen stehen gut. In einigen Stadtteilen von Antwerpen kommen die Vlaams-Belang-Kandidaten mittlerweile auf knapp 50 Prozent der Stimmen. „Ich will endlich diese Einwanderer weghaben, die unsere Stadt verschmutzen und uns die Sozialwohnungen wegnehmen“, sagt eine Anhängerin beim Kongress des Vlaams Belang in Antwerpen. Filip Dewinter spricht ihr in seiner Rede aus der Seele: „Wir müssen unser Land endlich wasserdicht gegen die nichteuropäischen Einwanderer abschließen“, ruft er und erntet Bravo-Rufe.

Einen sofortigen Einwanderungsstopp, Ausweisung aller Illegalen, Stärkung der flämischen Kultur – die Forderungen der Rechten sind eindeutig. Und das, obwohl Dewinter vorsichtiger geworden ist, seitdem seine Vorgängerpartei „Vlaams Blok“ vor einigen Jahren von einem Gericht wegen rassistischer Äußerungen verboten worden war.

Dewinter ist in Antwerpen so etwas wie ein Volksheld, der Einzige, der sich in den Augen vieler für die Interessen der Bürger einsetzt – und dazu gehört auch eine Teilung Belgiens. Und seine Wähler kommen aus allen Altersklassen und sozialen Schichten. „Wir sind eine demokratische Partei“, meint Dewinter.

Tatsächlich sehen nur die wenigsten in Belgien den Vlaams Belang als rechtsextreme Partei. Die Forderungen von Dewinter sind gesellschaftsfähig geworden. Und das weiß auch Künst- ler Tom Barman: „Die traditionellen Parteien übernehmen mittlerweile die Forderungen des Vlaams Belang. Da plappert einer dem anderen nach.“ Sein Konzert ist für ihn dennoch ein Zeichen der Hoffnung. Fraglich ist nur, ob tatsächlich alle gekommen sind, um gegen den Vlaams Belang zu protestieren. Einer Besucherin war das jedenfalls völlig egal: „Ich bin wegen der Musik hier. Es ist kostenlos. Die Botschaft dahinter interessiert mich überhaupt nicht.“

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