: Eine Boom-Region zittert
Frankreichs Südwesten ist mit Airbus aufgestiegen. Nun könnte er mit in die Krise rutschen. Politiker sind alarmiert
Paris taz ■ Die Gegend rund um Toulouse, in Frankreichs Südwesten, galt jahrzehntelang als die Boom-Region schlechthin. Zugleich war sie das Symbol jenes europäischen Projektes, das PolitikerInnen gerne als Beweis für den Erfolg einer gemeinsamen Industriepolitik zitieren. Jetzt könnte ausgerechnet Toulouse der Ausgangspunkt für die größtangelegte Rosskur in einem europäischen Konzern werden. Ausgangspunkt sind erneute Verzögerungen bei der Produktion des Riesenflugzeugs A 380, die Airbus nach gegenwärtigen Schätzungen 4,8 Milliarden Euro kosten könnte.
Wenn der Konzern tatsächlich 30 Prozent der „Funktionskosten“ streicht, wie es Airbus-Chef Christian Streiff vorhat, müssen tausende der rund 57.000 Airbus-Beschäftigten um ihren Arbeitsplatz fürchten. Erste Opfer des Sparprogramms sollen ältere Beschäftigte werden sowie die „Prekären“: ZeitarbeiterInnen und befristet Beschäftigte. Und auch Zulieferbetriebe werden den Rotstift zu spüren bekommen. An einen großangelegten „Sozialplan“, so versuchte Streiff die Belegschaft zu beschwichtigen, sei „vorerst“ nicht gedacht. Die Lohnkosten sollen neben dem Auslaufen von Zeitverträgen über Vorruhestand und Arbeitszeitverkürzungen gesenkt werden, heißt es aus der Konzern-Zentrale.
Am Tag nachdem die Hiobsbotschaft öffentlich wurde, häuften sich in Paris und Toulouse hochkarätige Erklärungen. Premierminister Dominique de Villepin versprach, „alles zu tun“, um Arbeitsplätze zu retten. Wirtschafts- und Finanzminister Thierry Breton sprach den Airbus-Chefs sein Vertrauen aus. Und in der am stärksten betroffenen Region Midi-Pyrénées äußerte der sozialistische Regionalpräsident Martin Malvy seine „schwere Unruhe“ und Sorge wegen möglicher weitgehender Konsequenzen für die Zulieferbetriebe von Airbus. Malvy erinnerte daran, dass in seiner Region 60.000 Arbeitsplätze vom Flugzeugbau abhängen.
Gestern Nachmittag trat in Toulouse auch der Gesamtbetriebsrat von EADS zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Sprecher verschiedener Gewerkschaften hoffen, dass die Krise bei der Airbus-Herstellung nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. DOROTHEA HAHN
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