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Bittere Pille

KLAMM Nach dem Aus in der Champions League verschärfen sich die Finanzsorgen der HSV-Handballer

Es scheint nicht ausgeschlossen, dass Rudolph den Laden einfach dichtmacht

Noch ist alles ruhig, hier am Rande des Hamburger Volksparks. Auf der anderen Seite der Busspur, beim großen Nachbarn, den Fußballern des HSV, ist die Angst vorm Absturz aus der Bundesliga greifbar. Beim kleinen HSV, dem Handballklub, herrscht noch angespannte Stille. Der Gedanke ist aber nicht so abwegig, dass das Konstrukt HSV Handball bald wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen könnte.

Da hatte sich Präsident und Mäzen Andreas Rudolph mit dem Trainer Martin Schwalb und der Mannschaft darauf eingeschworen, dass in der finanziell angespannten Lage alles Mögliche zur Konsolidierung getan werden müsse, und dann dieser Rückschlag: Der HSV schied im Achtelfinale der Champions League gegen Vardar Skopje aus. Die Saison ist dadurch verpatzt. Das Final Four um den DHB-Pokal am 12. und 13. April findet in Hamburg ohne den HSV statt. Durch das Zweitrunden-Aus gegen Göppingen gingen die erwarteten Einnahmen von 120.000 Euro verloren. Und nun auch noch die Schmach in der Champions League. Wieder sind günstigstenfalls 390.000 Euro dahin.

Es ist kaum davon auszugehen, dass der HSV noch in den Kampf um die Meisterschaft wird eingreifen können. Vor allem aber scheint nicht ausgeschlossen, dass Rudolph den Laden einfach dichtmacht, weil ihm der Elan abhanden kommt. Der 59-Jährige hatte den Klub von Februar 2005 an schon einmal aufgepäppelt. Den Medizintechnik-Unternehmer kostete dies über 25 Millionen Euro.

Vom aktuellen Saisonetat in Höhe von 8,9 Millionen Euro sind nur 7,2 Millionen Euro gedeckt. Im Februar gab Rudolph 500.000 Euro dazu, und für den Monat März soll er die Spielergehälter in Höhe von 550.000 vorgestreckt haben. Der Klub steckt in einer Abwärtsspirale: Die Zuschauer bleiben weg, Sponsoren fehlen, und ein 19 Spieler umfassender Kader wird zum Kostentreiber. Nach der Saison sollen etliche Profis gehen, um den Etat zu senken.

Darüber hinaus plant der neue Geschäftsführer Holger Liekefett einiges, damit der Klub wieder in die Spur kommt. Innerhalb der kommenden zwei Jahre will er den HSV zu einer schwarzen Null führen. „Die Abhängigkeit von einem Mäzen kann dazu führen, dass die Tür irgendwann zufällt“, sagte Liekefett. „Andreas hat ja gesagt, dass er sich in absehbarer Zeit zurückziehen möchte.“

Der Geschäftsführer will für die Zukunft nicht einen großen, sondern mehrere neue Partner suchen. Es soll auch ein Kombi-Ticket eingeführt werden, das Zugang zu einem Spiel der Handballer und einem des Eishockey-Klubs Hamburg Freezers gewährt. Liekefett kann sich außerdem vorstellen, dass der HSV in der Champions League Partien gegen schwächere Gegner in der bis zu 3.400 Zuschauer fassenden Blumenhalle in Wilhelmsburg austrägt, der Heimat des neuen Basketballklubs Hamburg Towers. Für den Geschäftsführer ist es ein Wettlauf mit der Zeit. Der HSV muss sich neu aufstellen, bevor die Tür zufällt und Rudolph sich zurückzieht. Durch das Ausscheiden in der Champions League ist der Türspalt schmal geworden.  GÖR

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