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Wie es ihnen gefällt

GRENZÜBERSCHREITUNG Das Traumkino in Kiel zeigt in dieser Woche das zweite Transgender Filmfestival – mit Mainstream, Indie und Dokumentarfilmen

Im Kino ist der Mainstream manchmal erstaunlich alternativ. So hat in diesem Jahr Jared Leto den Oscar für seine Darstellung eines aidskranken Transsexuellen in „Dallas Buyers Club“ gewonnen, und der Film läuft nun sowohl im regulären Programm des Kieler Traumkinos als auch beim zweiten Transgender Filmfestival (Fr, 22.15 Uhr). Wie ausdifferenziert dieses Thema inzwischen ist, zeigt sich an den Definitionen jener Gruppierungen, denen der Organisator Andy ein Forum bieten will: „Travestie und Transsexualität, MtF (von der männlichen Erscheinung zur Frau) und FtM (Frau-zum-Mann-Transformation)“. Gemeinsam ist ihnen, dass sie herrschende Geschlechterrollen infrage stellen und überwinden.

Das Festival ist eine Abspaltung des Fetisch Film Festivals, das immer im November im Kieler Traumkino stattfindet. Mit zehn Filmen, die zwischen Freitag und Sonntag gezeigt werden, ist es kleiner und nicht so glamourös. Zu einer Party wird sich höchstens die Vorstellung der „Rocky Horror Picture Show“ am Samstag ab 20 Uhr entwickeln. Dieser ist zwar schon viel gezeigt und gefeiert worden, aber Tim Curry in Strapsen als Dr. Frank-N-Furter ist immer noch eine Ikone der Transgender-Kultur.

Dass jene, die ihren eigenen Weg zwischen weiblich und männlich suchen, nicht immer solche extrovertierten und unterhaltsamen Menschen sind, wie Leto und Curry sie verkörpern, zeigt der britische Spielfilm „Albert Nobbs“ (So, 20 Uhr) mit Glenn Close in der Rolle einer Frau, die sich im späten 19. Jahrhundert als Mann verkleidete, weil sie nur als Kellner eine Anstellung finden konnte. Eine traurige Spiegelversion von „Tootsie“, denn dieser Mensch fristet ein freudloses Leben. Doch die meisten Geschichten sind hoffnungsvoll, weil die Protagonisten ihre Schwierigkeiten überwinden. So etwa die Titelheldin des Dokumentarfilms „Bambi“ (Fr, 17.45 Uhr), der 2013 auf der Berlinale gezeigt wurde. Erzählt wird von einer gefeierten Künstlerin, die sich in den 1950er Jahren zu einem Star in den Nachtclubs von Paris entwickelte, obwohl sie 1935 als Jean-Pierre Pruvot in einem kleinen algerischen Dorf geboren wurde.

Eine Entdeckung können auch Cineasten bei diesem Festival machen, denn der amerikanische Independentfilm „Delusions of Grandeur“ von Iris Almaraz feiert dort seine Europapremiere. Darin wird von einer jungen Latina erzählt, die durch eine Transsexuelle aus ihrem Prozac-Schlaf als Grunge-Dornröschen geweckt wird. Die oft sehr komisch inszenierte Geschichte von der Freundschaft der beiden Außenseiterinnen ist eine Liebeserklärung an San Francisco. Und Salvador Benavides ist in der Kleiderrolle fast so sexy wie Jared Leto.  HIP

Traumkino, Grasweg 19, Kiel

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