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handypleiteKalter Krieg um BenQ

Ein „Runder Tisch“ berät heute über die Pleite der früheren Siemens-Handysparte. Doch während die Beteiligten in der Öffentlichkeit Gemeinsamkeiten betonen, läuft hinter den Kulissen offensichtlich ein kalter Krieg um die insolventen BenQ-Handyfabriken in Bocholt und Kamp-Lintfort. Die medial kolportierte Zahl von rund 1.000 kurzfristig bedrohten Jobs zeigt die Nervosität einiger Akteure.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Wer hat die Zahl 1.000 gestreut und welches Interesse steckt dahinter? Warum lässt der Insolvenzverwalter diese Zahl einen Tag vor dem Krisentreffen indirekt bestätigen? Warum produziert der Siemens-Konzern fast täglich neue Heile-Welt-Meldungen wie den Placebo-Hilfsfonds oder die ach so tolle „Jobbörse“ für bald arbeitslose BenQ-Arbeiter? Diese PR-Verdummungskampagne soll offenbar darüber hinwegtäuschen, dass das Verantwortungsbewusstsein der Manager des Megaunternehmens für frühere langjährige Siemens-Mitarbeiter nicht besonders ausgeprägt zu sein scheint. Die Börse hat die BenQ-Malocher längst abgeschrieben – nun wickeln die Kapitalvertreter die Werker kalt ab.

Am Ende muss wohl die Politik den von der Entlassung bedrohten Beschäftigten am Niederrhein und im Münsterland helfen. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat sich mit seiner „Ich bin wütend“-Rede in Kamp-Lintfort den Arbeitern gegenüber verpflichtet. Der selbst ernannte CDU-Arbeiterführer muss zunächst weiter versuchen, den Siemens-Managern Zugeständnisse abzuringen. Kann die Handyproduktion nicht aufrecht erhalten werden, sollte der Münchner Konzern zumindest so unter Druck geraten, dass er zahlreiche BenQler zurück in die Firma holt. Um die übrig gebliebenen Arbeitnehmer muss sich das Land Nordrhein-Westfalen im Notfall sowieso kümmern. Entweder sie bekommen über Qualifizierungsoffensiven und neue Jobangebote eine Perspektive oder die Opfer des BenQ-Siemens-Skandals tauchen in der NRW-Arbeitslosenstatistik wieder auf.

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