: Ein Rosettenkapitän im Krieg
Besuch auf der „Magnus Hirschfeld“, Drogerieartikelversorger des Libanon-Kommandos
Fast sind es schon so viele Fronten wie im Zweiten Weltkrieg, an denen die Bundeswehr mittlerweile wieder steht. Gerade erst ist die Seefront vor der libanesischen Küste dazugekommen. Hier hat mit der Marine – bislang eher defensiv am Horn von Afrika herumdümpelnd – erstmals auch die schwulste der drei Waffengattungen ins aktuelle Kriegsgeschehen eingegriffen. „Und das ist auch gut so“, wie es dieser viertelschrötige Verteidigungsminister ausdrückte, dessen Namen sich einem partout nicht einprägen will.
Einer Einladung seines Ministeriums folgend, haben wir uns kurz mal zum Drogerieartikelversorger „Magnus Hirschfeld“ fliegen lassen, der derzeit im Gefolge des deutschen Marinegeschwaders vor der libanesischen Küste cruist. Rosettenkapitän Detlef „Gerda“ Schwanz ist der Chief-Commander des Schleckerdampfers, so die truppeninterne Bezeichnung für das Drogerieschiff. Schwanz hat sich eigens zu unserer Begrüßung einen rosa Fransenfummel übergeworfen, trägt zur marineblauen Paradeuniform Stöckelschuhe im Tiger-Lilly-Design. „So tuntig laufe ich aber nur bei repräsentativen Anlässen wie diesem rum. Zum Dienst schlüpfe ich vorschriftsgemäß in meine Kampfpumps“, säuselt der smart geschminkte Kapitän, den seine Untergebenen, warum auch immer, Tante Gerda nennen. Seine Dauerwelle und Uniform sitzen wie angegossen. Unter der stramm sitzenden Hose zeichnet sich deutlich sichtbar ein recht robustes Mandat ab.
Hier auf dem Drogerieartikelversorger der Marine kann sich die Community des gesamten Libanon-Kommandos mit den alltäglichen Dingen aus den Bereichen Körperpflege und Körperhygiene eindecken. „Die Kerle wollen eben auch im Kampf gegen den Terror gut riechen,“ gnöselt Schwanz, um dann ungefragt zum Besten zu geben, dass er intimgepierct sei. Er führt uns unter Deck, wo sich tonnenweise Herrenkosmetika stapeln. Von A wie After Shave bis Z wie Zottenseife findet sich hier alles, was der gepflegte Arsch vom Dienst (AvD) so braucht. G wie Gleitcreme gibt es selbstverständlich auch: „Die Jungs wollen schließlich auch im Krieg gut reinkommen in die Kameraden“, gnackelt der erfahrene Fahrensmann. Versonnen summt er was von den Scissor Sisters.
„Ach Gottchen! Was heißt schon gefährlich?“ Schwanz kann die Sorgen nicht recht teilen, die man sich in der Heimat wegen des Libanon-Einsatzes macht. „Meine Güte, man schippert hier halt ein bisschen durch die Gegend und hält nach so bösen Buben Ausschau. Waffenschieber, Selbstmordbomber, was weiß ich.“ Von denen sich aber bis jetzt noch keiner habe blicken lassen. „Leider“, bedauert Schwanz, dabei sehr niedlich mit den Wimpern klimpernd. Zu gern würde er mal einen dieser „glutäugigen Gotteskrieger“ in seine Gewalt bringen. Und ihn so richtig gründlich durchsuchen. „Mit Abtasten und allem, was sonst noch Spaß macht.“
Schwanz ist aber auch ohne solche „bestimmt sehr inspirierenden Feindberührungen“ gewillt, es sich gut gehen zu lassen in seinem Frontabschnitt. Zumal der sich „zum Glück nicht irgendwo am kalten Nordpol, sondern in einer der klimatisch attraktiveren Kriegsregionen der Welt befindet, wie man ja wohl vom Mittelmeer sagen muss: geile Temperaturen, blauer Himmel, ständig Sonne. Bedingungen wie auf einer Kreuzfahrt.“ So könnte man doch beinah sagen, so Schwanz – „wenn der Begriff nicht zu verfänglich wäre.“ Wieso das? „Nun ja, Kreuzfahrt … Kreuzzug, hihi … kapito? Sprechen wir der correctness halber lieber von einer Seefahrt.“
Die aber insgesamt eine sehr lustige sei, wie uns der Rosettenkapitän teilweise singend versichert, während er uns durch den bordeigenen Darkroom mit angeschlossener Wellnesszone führt. Bis zu den Knöcheln steht hier das Massageöl über der Fliese. Wieder an Deck erhält Schwanz ein ziemlich versautes Flaggensignal vom ebenfalls dem Marinekommando beigestellten Discotrawler „Hannen Alt“. Den sein Verlobter kommandiert, wie uns der Rosettenkapitän sichtlich stolz meldet. „Beim nächsten gemeinsamen Fronturlaub wollen wir in den Hafen der Homoehe einlaufen“, so Schwanz ganz maritim. Bis dahin will der Rosettenkapitän aber vor allem seinen ersten Kriegseinsatz genießen. Keine Frage, er ist sehr zufrieden in seinem Job: „Schon weil bei dem prima Wetter die Jungs an Deck ständig ihre ultrakurzen Dienstturnhöschen tragen. Und dazu diese eng anliegenden Marine-Muscle-Shirts. Immer wieder ein Superanblick.“ Kieksend wirft er mit einem Wattebäuschchen nach uns. FRITZ TIETZ
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