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IMK warnt: Sparen gefährdet europäische Staatsfinanzen

KONJUNKTUR Das gewerkschaftsnahe Institut hält Staatspleiten für brisanter als eine höhere Inflation

BERLIN dapd | Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat die Bundesregierung aufgefordert, vorerst von ihrem strikten Sparprogramm abzurücken und stattdessen das europaweite Wachstum mit Investitionen anzukurbeln. „Sollten finanziell angeschlagene Euro-Staaten rezessionsbedingt in akute Zahlungsschwierigkeiten geraten, geriete die Eurozone erneut in eine schwere Krise“, warnte das Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag in Berlin.

Euroraum braucht Konjunkturmotoren

Deshalb sei es „gerade auch im deutschen Interesse, wenn die Bundesrepublik und andere EU-Staaten mit deutlichen Leistungsbilanzüberschüssen und vergleichsweise stabilen Staatsfinanzen nicht auf einen Konsolidierungskurs einschwenken“. Vielmehr sollten diese Länder vor allem durch stärkere öffentliche Investitionen die Rolle des Konjunkturmotors im Euroraum übernehmen. „Natürlich müssen wir unsere Budgets konsolidieren, aber dazu sollten wir die beste Strategie wählen“, betonte der Wissenschaftliche IMK-Direktor Gustav Horn. „Mit dem Rückenwind eines stabilen Aufschwungs bringen wir es viel weiter“, sagte er.

In der Eurozone herrsche derzeit laut einer IMK-Studie keine ernsthafte Inflationsgefahr, betonte Horn. „Weder die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) noch die Konjunkturprogramme stellen derzeit ein ernsthaftes Risiko für die Geldwertstabilität dar“, erklärte das Institut. Zudem seien trotz der besseren konjunkturellen Entwicklung keinerlei Indizien für Lohn-Preis-Spiralen zu entdecken. Das Überschätzen der Inflationsgefahr könne „zum Problem werden, wenn es den Blick auf andere, größere Gefahren verstellt,“ warnte Horn.

Mehr Geld als realistische Alternative

In diesem Kontext wies er auch die jüngste Kritik der Bundesregierung an der US-Geldpolitik zurück. Da ein neues Paket zur konjunkturellen Belebung angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im US-Repräsentantenhaus wohl nicht möglich sei, bleibe ein „Impuls“ durch höhere Liquidität die einzige realistische Alternative zur Konjunkturförderung in den USA, sagte er. Horn stellte sich zudem hinter US-Vorschläge zur Festlegung quantitativer Grenzen für die Leistungsbilanzen einzelner Länder. Leistungsbilanzüberschüsse oder -defizite seien „Anzeichen für eine unausgewogene Wirtschaft“, sagte Horn.

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